Widerruf, Rücktritt und Kündigung beim Werkvertrag

Mit einem Werkvertrag wird ein bestimmtes Ergebnis gegen Bezahlung eines vereinbarten Preises geschuldet. Jedoch können Fehler am Werk oder eine verzögerte Bezahlung zu Streit führen. Wie es dann weitergeht, erfahren Sie in diesem Artikel.

1. Was ist ein Werkvertrag?

Der Werkvertrag und damit verbundene Rechte und Pflichten sind in §§ 631 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt:

  • An einem Werkvertrag beteiligt sind der Besteller (Auftraggeber) und der Unternehmer (Auftragnehmer).
  • Durch einen Werkvertrag einigen sie sich, dass der Auftragnehmer für den Auftraggeber ein „Werk“ herstellen soll.
  • Sie vereinbaren eine Vergütung (Preis), die der Auftraggeber für das fertige Werk bezahlt. Bei größeren, längerdauernden Projekten (bspw. Sanierung eines Badezimmers), kann der Unternehmer auch bereits vor Fertigstellung eine Abschlagszahlung von seinem Kunden verlangen. Dafür muss der Auftragnehmer einen nachweisbaren Teil seiner Arbeit ordnungsgemäß erledigt haben und kann dann einen entsprechenden Vorschuss seiner Vergütung verlangen, bevor das gesamte Werk fertig ist.

Was ein „Werk“ ist, kann weit gefasst sein. Entscheidend ist, dass ein bestimmter Erfolg herbeigeführt wird.

  • Die Arbeit des Auftragnehmers muss ein vorher vertraglich festgelegtes Ergebnis haben.
  • Der Auftragnehmer kann eine völlig neue Sache nach den Wünschen des Bestellers herstellen (bspw. neuer Tisch) oder
  • er muss durch eine festgelegte Tätigkeit ein bestimmtes Ergebnis (bspw. Hose eine Nummer kleiner nähen) herbeiführen.

Wann liegt ein Werkvertrag vor?

Wie zuvor beschrieben, wird ein konkreter Erfolg geschuldet, für den der Auftraggeber einen verhandelten Preis bezahlt.

Ein simples Beispiel ist die Anfertigung eines Holztisches durch einen Schreiner. Der Schreiner und sein Kunde besprechen vorher genau die Größe, das Aussehen, Material und Funktion des Tisches sowie den Preis. Der Schreiner hat sich so verpflichtet, seinem Kunden genau einen solchen Tisch zu bauen.

Erst wenn das Werk vertragsgemäß und mangelfrei hergestellt ist – also wie zuvor besprochen – muss der Auftraggeber es abnehmen (§ 640 BGB) und vollständig bezahlen.

  • Der Besteller muss im oben genannten Beispiel den Tisch entgegennehmen, wenn dieser die vereinbarten Eigenschaften hat.
  • Ab diesem Moment muss der Besteller dem Unternehmer auch seine Vergütung bezahlen, sie ist damit „fällig“.
  • Ist eine Abnahme nicht möglich, weil das Werk kein greifbares Objekt ist (das trifft z.B. auf Theater- oder Musicalaufführungen oder ein Fußballspiel zu), hat eine sogenannte „Vollendung“ dieselben Folgen wie die Abnahme. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Auftritt den Vorstellungen des Bestellers gefällt oder nicht bzw. wie der Auftritt oder das Fußballspiel verlaufen sind. Der Auftritt ist von Anfang bis Ende geschuldet und damit hat der Unternehmer seine Pflicht zunächst erfüllt.

Es kann auch Werkverträge geben, in denen der Auftraggeber sich verpflichtet, selbst gewisse Handlungen vorzunehmen. Der Besteller muss also auch einen Beitrag leisten. Beispielsweise wenn er das Holz für den Tisch persönlich bei einem bestimmten Händler besorgen möchte. Der Auftragnehmer kann seiner Verpflichtung aus dem Vertrag dann nur nachkommen, wenn sein Kunde das Material bereitstellt.

Unterschied zwischen Werkvertrag und Dienstvertrag

Während beim Werkvertrag ein bestimmtes Ergebnis herbeigeführt wird, geht es im Dienstvertrag schlicht um eine bestimmte Tätigkeit (Dienstleistung), deren Erfolg nicht festgelegt werden kann.
  • Arbeits- und Beraterverträge sind in der Regel Dienstverträge.
  • Ein Berater schuldet seinem Kunden lediglich die Beratungsleistung im vereinbarten Umfang. Das Ergebnis seiner Beratung kann für jeden Kunden unterschiedlich sein und hängt auch davon ab, was der Kunde aus den Ratschlägen macht.
  • Ein „Bemühen“ beim Dienstvertrag ist ausreichend, nicht der Erfolg der Bemühungen entscheidet.

Unterschied zwischen Werkvertrag und Werklieferungsvertrag

Beim Werklieferungsvertrag wird ebenfalls ein Erfolg geschuldet bzw. eine neue Sache hergestellt, aber sie unterscheidet sich – anders als beim Werkvertrag – nicht anhand besonderer Merkmale von anderen Sachen der gleichen Art. Bei der Herstellung von Uniformen handelt es sich z.B. um einen Werklieferungsvertrag.

Auf einen Werklieferungsvertrag (§ 650 BGB) ist das Werkvertragsrecht ebenfalls nur abgewandelt anwendbar. Im Übrigen gelten dann bei einem Rücktritt die Regelungen zum normalen Kaufvertrag.

2. Rücktritt vom Werkvertrag durch den Auftraggeber

Erfüllt der Auftragnehmer gewisse Pflichten aus dem Werkvertrag nicht oder unzureichend (mangelhaftes Werk oder Verzug), kann der Kunde vom Werkvertrag zurücktreten und ggf. Schadensersatz verlangen.

Im Falle eines Rücktritts möchte der Kunde nicht mehr an den Vertrag gebunden sein. Er muss dies gegenüber dem Unternehmer am besten schriftlich erklären. In der Folge des Rücktritts müssen die Parteien sich die Leistungen, die sie vom jeweils anderen bereits erhalten haben, zurückgeben. Wenn das nicht möglich ist, müssen sie ersatzweise Geld bezahlen.

Wenn der Kunde nach dem Gesetz ein Recht zum Rücktritt hat, ist ein Einverständnis des Auftragnehmers nicht erforderlich.

Eine Kündigung durch den Besteller ist bis zur Fertigstellung des Auftrages immer möglich. Auch im Falle der Kündigung möchte der Besteller den Vertrag beenden. Der Unternehmer darf dann seine anteilige Vergütung für die bereits geleisteten Arbeiten verlangen. Es erfolgt gerade keine Rückabwicklung.

Verzug des Auftragnehmers

Ist der Auftragnehmer beim Werkvertrag mit der Herstellung des Werkes im Verzug, berechtigt das den Besteller zum Rücktritt und er kann Schadensersatz fordern.
  • Der Besteller muss dem Unternehmer erst eine Frist setzen, die Leistung doch noch zu vollbringen. Nach Ablauf der Frist kann der Auftraggeber seinen Rücktritt erklären.
  • Eine Fristsetzung ist nicht erforderlich, wenn ein Termin für die Fertigstellung des Werkes vereinbart worden ist und dieser für den Besteller offensichtlich wichtig war oder der Unternehmer bereits erklärt hat, das Werk nicht fertigzustellen.

In unserem Beispiel haben Kunde und Schreiner den 30.09. als Termin für die Fertigstellung des Tisches vereinbart. Ist der Tisch nun an diesem Termin nicht fertig, kann der Kunde ohne Fristsetzung den Rücktritt vom Werkvertrag erklären.

Hat der Schreiner seinem Kunden ohne rechtlich erhebliche Begründung zu verstehen gegeben, dass er den Tisch partout nicht fertigstellen wird, kann dieser ebenfalls ohne Umwege zurücktreten.

Mängel am Werk

Wenn das Werk nicht dem entspricht, was die Parteien zuvor vereinbart haben oder es zur üblichen Verwendung nicht geeignet ist (mangelhaft), stehen dem Auftraggeber diverse Rechte zu. Wann ein Mangel vorliegt, erklärt § 633 BGB.

Auch bei Mängeln am Werk kann der Besteller wie zuvor beschrieben den Vertrag durch Erklärung seines Rücktritts und die damit verbundene Rückabwicklung beenden.

Alternativ zum Rücktritt vom Werkvertrag kann der Besteller

  1. Nacherfüllung – also Beseitigung der Fehler am Werk – verlangen,
  2. den Mangel selbst beheben und Ersatz des investierten Geldes verlangen,
  3. die Vergütung entsprechend mindern oder
  4. anstelle oder zusätzlich zu der vereinbarten Leistung Schadensersatz verlangen.

3. Rücktritt vom Werkvertrag durch den Auftragnehmer

Auch der Auftragnehmer kann vom Vertrag zurücktreten und/oder Schadensersatz verlangen, wenn der Auftraggeber die vereinbarten Pflichten nicht erfüllt.

Zahlungsverzug des Bestellers

Unter denselben Voraussetzungen wie der Besteller, kann auch der Auftragnehmer vom Vertrag zurücktreten, wenn der Kunde die Vergütung nicht oder nicht pünktlich bezahlt.
Wichtig: Die Vergütung muss „fällig“ sein, vorher hat der Unternehmer bereits aus dem Vertrag kein Recht auf Zahlung. Die Vergütung ist fällig, wenn das Werk abgenommen wurde, wie zuvor beschrieben.

Aber was passiert, wenn der Besteller das Werk einfach nicht abholt oder nicht als fertig akzeptiert, obwohl alles wie abgemacht fertig ist?

  • Das Werk gilt auch als abgenommen, wenn der Auftraggeber es nicht in einer vom Auftragnehmer gesetzten Frist entgegengenommen hat.
  • Die Vergütung wird mit Ablauf der Frist fällig, danach setzt Verzug ein.

Kündigung statt Rücktritt bei Verletzung einer Mitwirkungspflicht

Der Auftraggeber kann auch sogenannte Mitwirkungspflichten gegenüber seinem Auftragnehmer haben. Wie in dem genannten Beispiel, in dem der Auftraggeber selbst das Holz für den herzustellenden Tisch besorgen wollte.

Erfüllt der Besteller diese Pflicht nicht, kann der Unternehmer gem. § 643 BGB den Vertrag kündigen:

  • Der Unternehmer muss dem Besteller erst eine Frist zur Nachholung der erforderlichen Handlung setzen und erklären, dass der Vertrag ansonsten gekündigt ist.
  • Der Vertrag gilt dann als aufgehoben, wenn die Frist erfolglos abgelaufen ist.

Anders als beim Rücktritt muss nicht ein Fehler hinsichtlich der Hauptleistungspflicht des Bestellers – nämlich die Zahlung des Werklohns – vorliegen. Vielmehr hat der Besteller eine Unterstützung zugesagt und sich nicht an diese Zusage gehalten.

Beim Rücktritt wird alles Geschehene rückabgewickelt und das bereits Geleistete zurückgegeben oder erstattet. Hat der Kunde das Holz für den Tisch selbst besorgt, bekommt er dies im Rahmen der Rückabwicklung auch zurück. Diese Folgen hat eine Kündigung nicht.

4. Kündigung aus wichtigem Grund

Sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer können aus einem sogenannten „wichtigen Grund“ den Werkvertrag kündigen.

  • Es ist keine Fristsetzung erforderlich.
  • Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist an den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden.
  • Es erfolgt eine Gegenüberstellung der Interessen von Besteller und Unternehmer.
  • Ist das Ergebnis, dass einer Partei die Fortsetzung des Vertrages nicht zugemutet werden kann, liegt ein wichtiger Grund vor.
  • Der Unternehmer darf für seine bis dahin erbrachte Leistung seinen Lohn verlangen.

Beispiele für einen wichtigen Grund, der zur Kündigung eines Werkvertrags berechtigt:

  • Der Unternehmer hält bei einem größeren Projekt wichtige feststehende Fristen für Teilabschnitte nicht ein.
  • Trotz Anmahnung durch den Kunden werden andere Vertragspflichten nicht eingehalten.
  • Grobe Mängel bei Teilabschnitten in größeren Projekten führen zu einem Vertrauensbruch und damit zur Unzumutbarkeit für den Auftraggeber.
Die Gründe für einen wichtigen Grund sind vielschichtig. Das OLG Dresden hat mit Urteil vom 17.11.2020 (Az. 6 U 349/20) klargestellt, dass eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses entweder auf einzelnen besonders schwerwiegenden Vertragspflichtverletzungen beruhen oder aus einer ganzen Reihe von kleineren, in der Summe aber gewichtigen Pflichtverletzungen bestehen kann.

5. Fazit

  • Bei einem Werkvertrag wird ein konkretes Ergebnis und nicht nur eine Handlung geschuldet.
  • Das Werk muss erst bezahlt werden, wenn der Auftraggeber es als vertragsgemäß entgegennimmt.
  • Der Auftraggeber kann den Werkvertrag immer kündigen, wenn er das fertige Werk noch nicht angenommen hat. Im Übrigen kann er bei einem fehlerhaften Werk Nachbesserung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten.
  • Der Auftragnehmer kann den Vertrag kündigen, wenn der Auftraggeber eine vereinbarte Unterstützung nicht erbringt.
  • Bei Verzug des jeweils anderen können beide Seiten vom Werkvertrag zurücktreten und Schadensersatz verlangen.
  • Vor der Erklärung eines Rücktritts muss in der Regel eine Frist zur ordnungsgemäßen Leistung gesetzt wird.