1. Was versteht ein Strafrechtler unter Doping?
Doping ist die Anwendung von unerlaubten Mitteln zur Steigerung der sportlichen Leistung.
Doping schadet häufig der Gesundheit der Sportler, sowie der Fairness und der Chancengleichheit im Sport und ist daher strafbar.
Nach früherer Rechtslage war nur das Doping mit Arzneimitteln, nicht jedoch mit Nahrungsergänzungsmitteln strafbar. Das Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG) enthält keine solche Einschränkung mehr. Somit können auch Nahrungsergänzungsmittel Dopingmittel sein.
Welche Mittel verboten sind, ergibt sich aus Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping (aktuelle Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt, dt. Fassung ab S. 493). Darüber hinaus kann das Bundesministerium für Gesundheit weitere Stoffe verbieten.
Häufige Fälle stehen zum Beispiel im Zusammenhang mit Anabolika wie:
- Oxandrolon/Anavar
- Dehydrochlormethyltestosteron/Oral-Turinabol
- Fluoxymesteron/Halotestin
- Metandienon
Nur die Einnahme von unerlaubten Mitteln ist Doping. Der Konsum von erlaubten Präparaten ist hingegen nicht strafrechtlich relevant, selbst wenn diese leistungssteigernd wirken und dem Sportler einen Vorteil verschaffen.
Beispiel: Sportlerin A trinkt vor jedem Wettkampf fünf große Energy Drinks. Das enthaltene Koffein verhilft der A zu besseren sportlichen Leistungen. Handelt es sich um Doping?
Nein. Während Koffein bis zum Jahre 2004 noch ab einem bestimmten Grenzwert als Dopingmittel galt und auf der Dopingliste stand, ist dies nun nicht mehr der Fall. Es handelt sich daher um eine erlaubte Substanz. A hat daher trotz leistungssteigernder Wirkung des Koffeins nicht gedopt.
An dieser Stelle noch ein kurzer Hinweis: Einige Dopingmittel sind zugleich Betäubungsmittel. In diesem Fall kommt neben der Strafbarkeit nach dem AntiDopG auch eine Strafbarkeit nach dem Betäubungsmittelgesetz in Betracht. Dies betrifft allerdings nur besonders gefährliche Stoffe.
2. Wie kann man sich mit illegalen Dopingmitteln strafbar machen?
Die Strafbarkeit von Doping wurde früher durch den § 6a des Arzneimittelgesetz (AMG) geregelt. Ende 2015 trat jedoch das Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG) in Kraft, welches nun den strafrechtlichen Rahmen für Doping bildet.
Auf Vorgänge vor Ende 2015 ist daher noch das AMG anzuwenden!
Während im Alltag nur von „Doping“ gesprochen wird, kennt das AntiDopG viele verschiedene Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit Doping stehen und strafbar sind. Das AntiDopG erfasst jedoch nur das Doping von Menschen, sodass beispielsweise das Dopen eines Rennpferdes zumindest nach diesem Gesetz nicht strafbar ist.
Selbstdoping (§ 3 AntiDopG)
Von Selbstdoping spricht man unter folgenden Voraussetzungen:
- Der Sportler wendet ein Dopingmittel bei sich an oder lässt sich ein solches verabreichen.
- Für die Anwendung des Dopings bestehen keine medizinischen Gründe.
- Der Sportler will sich hierdurch in einem Wettbewerb des organisierten Sports einen Vorteil verschaffen (diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn eine nationale oder internationale Sportorganisation den Wettbewerb anerkennt und ihre Regeln gelten).
Des Weiteren macht sich strafbar, wer Dopingmittel zum Zwecke des Selbstdopings besitzt oder erwirbt, um sich durch das Doping einen Vorteil im Wettbewerb zu verschaffen. Hierbei ist zu beachten, dass keine Mindestmenge gefordert wird. Daher ist auch schon der Besitz und Erwerb von Kleinstmengen strafbar, wenn man diese bei sich selbst anwenden will.
Im Rahmen des Selbstdopings machen sich jedoch nur Spitzensportler oder Sportler, die aus dem Sport erhebliche Einnahmen erzielen (§ 4 VII AntiDopG), strafbar.
Hierbei ist zu beachten, dass erhebliche Einnahmen nach Abzug aller Kosten ermittelt werden. Wer in einem kostenintensiven Sport tätig ist, kann daher auch bei Erlangen eines hohen Preisgeldes unter Umständen keine erheblichen Einnahmen erzielen.
Spitzensportler sind nur diejenigen, die als Mitglied eines Testpools dem Dopingkontrollsystem unterliegen. Dies sind in Deutschland regelmäßig Mitglieder des A- oder B-Kaders.
Ein ausländischer Sportler kann sich nicht damit entschuldigen, dass Doping in seinem Heimatland erlaubt ist. Die bloße Teilnahme an einem Sportwettbewerb auf deutschem Gebiet ist für einen gedopten Sportler strafbar.
Beispiel: Sportler A ist französischer Läufer. Er verabreicht sich in Frankreich Dopingmittel und fährt dann über die Grenze, um an einem Lauf teilzunehmen.
Das Doping selbst ist nicht strafbar, da deutsches Strafrecht in Frankreich nicht gilt. A darf jedoch auch nicht gedopt am Wettbewerb teilnehmen. Er kann daher nach deutschem Strafrecht für die bloße Teilnahme am Wettbewerb bestraft werden, wenn die Dopingmittel noch wirken.
Das Selbstdoping ist somit außerhalb von sportlichen Wettbewerben oder für Amateursportler nach § 3 AntiDopG nicht strafbar.
Unerlaubter Umgang mit verbotenen Dopingmitteln (§ 2 AntiDopG)
Nicht nur das Selbstdoping ist untersagt, sondern auch der sonstige Umgang und Gebrauch von Dopingmitteln.
Hierunter fallen verschiedene Verhaltensweisen:
- Dritte dopen einen Sportler, z.B. der Trainer oder Betreuer
- Herstellen von Dopingmitteln
- Handel treiben mit solchen Mitteln, aber auch sonstige Weitergabe von Dopingmitteln
- Besitz und Erwerb nicht geringer Mengen von Dopingmitteln
- Verschreiben von Dopingmitteln
- Einfuhr von Dopingmitteln nach Deutschland
Es muss in diesen Fällen immer darum gehen, Menschen im Sport einen Vorteil zu verschaffen.
Zu beachten ist, dass im Gegensatz zum Selbstdoping bei bloßem Besitz und Erwerb von Dopingmitteln eine „nicht geringe Menge“ gefordert wird. Was darunter zu verstehen ist, wird durch die Dopingmittel-Mengen-Verordnung (DmMV) für die einzelnen Stoffe festgelegt. Teilweise sind bereits wenige Milligramm ausreichend. Die entsprechende Tabelle kann hier eingesehen werden.
Dazu folgender Beispielfall (Az.: 4 StR 389/17), der vor dem BGH verhandelt wurde:
A ist Hobby-Bodybuilder. In seiner Wohnung wurde eine größere Menge Dopingmittel sichergestellt. Diese benutzte er zur Verbesserung seines Muskelaufbaus. Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin Anklage aufgrund eines Verstoßes gegen § 2 AntiDopG.
Der BGH entschied, dass A sich strafbar gemacht hat. Der Besitz von Dopingmitteln sei selbst dann strafbar, wenn der Stoff nur für das Eigendoping gedacht sei. Damit wolle der Gesetzgeber schon die abstrakte Gefahr verringern, dass Dopingmittel weitergegeben werden. Gerade in der Kraftsportszene des A sei die kostenfreie Weitergabe auch üblich gewesen.
Wichtig: Während Selbstdoping für Amateursportler und außerhalb eines organisierten Wettbewerbs daher grundsätzlich nicht nach dem AntiDopG strafbar ist, kann eine Strafbarkeit auch dann bestehen, wenn der Sportler eine nicht unerhebliche Menge von Dopingmitteln besitzt. Das gilt natürlich nur, wenn die Dopingmittel für die Leistungssteigerung im Sport verwendet werden sollen und ist z.B. nicht der Fall, wenn der Arzt die Wirkstoffe zur Behandlung verschrieben hat. Während der Sportler beim Selbstdoping vorsätzlich handeln muss, ist dies im Rahmen des § 2 AntiDopG nicht der Fall. Es genügt bereits, wenn er fahrlässig den Tatbestand erfüllt.
Beispiel: Sportler S bittet seinen Arzt A, ihm ein Medikament gegen eine seltene Krankheit zu verschreiben. Dieses fällt auch unter die Dopingmittel. S will das Medikament nur zum Doping benutzen. Hätte A den S auch nur kurz untersucht, hätte er sofort festgestellt, dass dieser nicht krank ist.
Verschreibt er das Medikament, macht er sich strafbar. Zwar handelte er nicht vorsätzlich, jedoch hätte er S untersuchen müssen und nicht einfach auf das Wort des T vertrauen dürfen. A handelte daher fahrlässig.
3. Wie hoch ist die Strafe bei illegalen Dopingmitteln?
Die Strafe für einen Verstoß gegen das Anti-Doping-Gesetz beträgt unter gewöhnlichen Umständen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.
Die Freiheitsstrafe kann auf „bis zu“ drei Jahre lauten, sodass drei Jahre die Obergrenze darstellen. Der Richter betrachtet hier den einzelnen Fall und bestimmt die Strafe dann nach Abwägung aller Umstände.
In einzelnen Fällen kann Doping jedoch auch deutlich härter mit mindestens einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden.
Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die gedopte Person aufgrund des Dopings in Todesgefahr gerät oder gesundheitlich schwer geschädigt wird. Der Handelnde müsste diese Gefahr jedoch zumindest in Kauf genommen haben. Fahrlässigkeit genügt hier nicht. Hieran wird diese Strafschärfung oftmals scheitern.
Beispiel: Trainer T spritzt Sportler S ein Dopingmittel. Während des Wettkampfes erleidet S aufgrund einer Überdosierung einen Herzinfarkt und kann nur durch das rechtzeitige Eingreifen eines Notarztes gerettet werden.
T hat dem S ein Dopingmittel verabreicht. Dies ist eine strafbare Handlung im Sinne des AntiDopingG. Da S hierdurch fast gestorben wäre, beträgt die Strafe nicht nur bis zu drei, sondern mindestens ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe. Dies gilt jedoch nur, wenn T sich der Gefahr des Herzinfarkts bewusst war und diese in Kauf nahm. Andernfalls verbleibt es bei der geringeren Strafe.
Ebenso wird derjenige härter bestraft, der einer minderjährigen Person ein Dopingmittel verschafft, verschreibt oder einen Minderjährigen selbst dopt und von der Minderjährigkeit wusste.
Auch wird der Täter härter bestraft, wenn er gewerbsmäßig handelte. Dies wird bei Herstellung und Verkauf von Dopingmitteln zumeist der Fall sein.
Weniger hart bestraft wird hingegen, wer Dopingmittel nur zum Zwecke des Selbstdopings besitzt oder erwirbt, ohne bislang gedopt an einem Wettbewerb teilgenommen zu haben (§ 4 II AntiDopG). Hier beträgt die Strafe lediglich Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre oder Geldstrafe. Der Sportler kann hier sogar straflos sein, wenn er das Dopingmittel vor Verwendung freiwillig herausgibt oder entsorgt.
4. Verteidigungsansätze bei Verstoß gegen das Anti-Doping-Gesetz
- Besteht der Verdacht, dass Sie gegen das Anti-Doping-Gesetz verstoßen haben, werden die Ermittlungsbehörden in der Regel Ihre Wohnung etc. durchsuchen und Sie vernehmen. Spätestens dann sollten Sie einen erfahrenen Rechtsanwalt für Strafrecht
- Sollte der Verdacht nicht schon früh ausgeräumt werden können, wird die Staatsanwaltschaft Anklage erheben. Jetzt geht es darum, kühlen Kopf zu bewahren. Eine intelligente Verteidigung hilft dabei, einen Freispruch oder ein mildes Urteil zu erwirken.
- Zum Anti-Doping-Gesetz existiert vergleichsweise wenig Rechtsprechung. Das erhöht die Chancen Ihrer Verteidigung.
- Allein der Umgang mit Dopingmitteln bedeutet bei weitem noch nicht, dass Sie sich tatsächlich strafbar gemacht haben. Das Selbstdoping etwa ist nur für eine kleine Gruppe von Sportlern strafbar. In vielen Fällen wird eine Verteidigung gegen den Vorwurf gelingen, weil nicht am Spitzensport teilgenommen wird. In diesem und in jedem anderen Fall muss Ihnen zudem der Vorsatz nachgewiesen werden. Häufig kann bei guter Verteidigung aber die Behauptung entkräftet werden, dass Sie sich über die Bedeutung Ihres Handelns voll im Klaren waren.
5. Fazit
- Doping im strafrechtlichen Sinne ist die Anwendung von unerlaubten Mitteln zur Steigerung der sportlichen Leistung. Die Strafbarkeit von Doping wird durch das Anti-Doping-Gesetz geregelt.
- Strafbar ist das Dopen von Sportlern, die Herstellung und Weitergabe von Dopingmitteln sowie deren Einfuhr nach Deutschland. Auch der Besitz und Erwerb von nicht geringen Mengen an Dopingmitteln ist strafbar.
- Für Spitzensportler gilt: Auch Selbstdoping ist strafbar, wenn für das Doping keine medizinischen Gründe bestehen und der Sportler sich einen Vorteil in einem Wettbewerb des organisierten Sportes verschaffen möchte. Auch die Teilnahme am Wettbewerb unter Doping ist verboten.
- Die Strafe beträgt grundsätzlich bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Unter Umständen kann diese Strafe mindestens ein Jahr bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe betragen.