1. Autokauf im Internet
Pro Jahr werden in Deutschland über 6 Millionen Gebrauchtfahrzeuge verkauft. Beim Verkauf von Gebraucht- und auch von Neuwagen spielen das Anbieten und der Verkauf über das Internet eine immer größere Rolle. Viele Menschen machen sich allerdings erst dann richtig Gedanken über die (rechtlichen) Besonderheiten eines Autokaufs im Internet, wenn der Kauf bereits getätigt wurde und nun rückabgewickelt werden soll, etwa weil der Käufer mit dem erhaltenen Fahrzeug nicht zufrieden ist oder dieser einen Defekt aufweist.
In unserem Beitrag zum Rücktritt vom Autokauf haben wir bereits geschildert, unter welchen Voraussetzungen ein Rücktritt wegen Vorliegens eines Sachmangels möglich ist. Diese Voraussetzungen gelten natürlich auch für einen Autokauf über das Internet – hier kommen jedoch weitere Besonderheiten bzw. Dinge hinzu, die es zu beachten gilt.
2. Vertragsschluss im Internet
Der Abschluss eines Kaufvertrags im Internet kommt – wie stets bei Verträgen – durch die Abgabe von zwei übereinstimmenden Willenserklärungen über den Vertragsgegenstand (Kaufgegenstand und Kaufpreis) zustande. Grundsätzlich gilt auch im Internet:
- Ein Kaufvertrag über ein Auto kann auch formlos (auch mündlich über das Telefon) geschlossen werden. Eine bestimmte Form (Schriftform, Textform) ist nicht erforderlich. Gleichwohl ist eine textliche bzw. schriftliche Fixierung aus Nachweisgründen sinnvoll.
- Da der Vertragsabschluss mit der Abgabe von Vertragsangebot und Vertragsannahme zustande kommt, gilt der Vertrag nicht etwa erst dann als abgeschlossen und rechtsbindend, wenn der Autoverkäufer dem Käufer das Auto übergibt oder dieser das Auto erhält. Dies kann, muss aber nicht der Fall sein – entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls.
Wann genau ein bindender Vertragsschluss zustande kommt kann bei einem Internetkauf nicht pauschal gesagt werden – dies hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Diese Frage ist jedoch insbesondere hinsichtlich der Rechte des Käufers wichtig, etwa für einen Rücktritt vom Kaufvertrag.
Vermittlungsplattformen
Wird ein Auto über eine Vermittlungswebsite angeboten, die lediglich die äußeren Bedingungen, d.h. den Internetauftritt zum Anbieten eines Autos bereitstellt, kommt der Kaufvertrag nicht mit dem Betreiber des Internetauftritts zustande, sondern mit demjenigen zustande, der das Auto dort anbietet. Auch bei den Vermittlungsplattformen kann leider keine allgemeingültige Aussage über den genauen Zeitpunkt des Vertragsschlusses getroffen werden. Meist erfolgt der (bindende) Vertragsabschluss jedoch im Rahmen des Besuchs des Käufers auf der Internetseite und nicht erst bei der Übergabe des Wagens.
Online-Versteigerungen
Bei einer Online-Versteigerung, etwa über die Versteigerungsplattform Ebay, kommt der Vertrag über den versteigerten Gegenstand in dem Moment zustande, in dem der Höchstbietende den endgültigen Zuschlag erhält. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Versteigerungspreis sehr niedrig ist, da der Verkäufer keinen Mindestpreis festgelegt hat. Wer eine Auktion als Verkäufer vorzeitig abbricht, ist an das abgegebene Gebot des bis Dato Höchstbietenden gebunden. Auch ein gebotener Kaufpreis über das Mindestgebot von 1 Euro ist in einem solchen Fall bindend, so der Bundesgerichtshof (Urt. v. 12.11.2014 – Az. VIII ZR 42/14).
Digitale Kleinanzeigen
Viele Online-Plattformen stellt oft nur eine Möglichkeit bereit, eine Verkaufsanzeige mit einem Verkaufsangebot zu schalten („digitale Kleinanzeige“). Der Kauf setzt in einem solchen Fall regelmäßig eine weitere Kontaktaufnahme voraus und wird dann häufig auch erst im Rahmen dieser Kontaktaufnahme des Verkäufers mit dem Käufer (per E-Mail, persönliches Treffen) geschlossen.
3. Online-Kauf: Widerruf wegen Fernabsatz
Soll der Kauf schon online und „per Mausklick“ erfolgen, muss der Verkäufer bzw. der Betreiber der Onlineplattform dies explizit kenntlich machen. Meist kommt der Kaufvertrag auch dann erst durch eine „Kaufbestätigung“ des Verkäufers auf das Kaufersuchen des Käufers zustande. Das Anbieten im Internet ist also in vielen Fällen rechtlich noch nicht bindend und stellt lediglich eine werbende Anpreisung dar, ähnlich wie die Ausstellung von Waren in einem Schaufenster.
Bei einem Kauf im Internet besteht regelmäßig das Recht auf einen Widerruf des Vertrages wegen Vorliegens eines Fernabsatzgeschäftes. Dies gilt allerdings nur bei einem Privatkauf bei einem Händler bzw. Unternehmer im Internet (sog. Verbrauchsgüterkauf – also weder ein Kauf unter Privatleuten noch im B2B-Geschäftsverkehr).
In diesem Fall steht dem Käufer ein zweiwöchiges Widerrufsrecht (§§ 312g, 355 BGB) zu. Der Verkäufer muss den Käufer bei einem Verbrauchsgüterkauf über das Internet umfassend über dieses Widerrufsrecht belehren. Ist die Widerrufsbelehrung nicht oder nicht in ausreichendem Maße erfolgt, verlängert sich die Widerrufsfrist um weitere 12 Monate. Der Widerruf muss gegenüber dem Verkäufer in Textform (Brief, Fax, E-Mail) erklärt werden. Eine bloße Rückgabe des Autos reicht für einen Widerruf nicht (mehr).
Wichtig: In 2 Fällen besteht kein Widerrufsrecht nach Fernabsatz:
- Erfolgt die Kontaktaufnahme über das Internet oder Telefon, erfolgt der eigentliche Vertragsschluss aber nicht über Fernkommunikationsmittel (Internet, E-Mail, Telefon), sondern etwa bei einem nachfolgenden Treffen mit anschließendem Vertragsschluss, scheidet ein Widerruf wegen Fernabsatz aus. Der Vertragsschluss selbst muss also „online“ oder über das Telefon erfolgen, damit ein Fernabsatz-Widerruf erklärt werden kann.
- Wird das verkaufte Auto speziell für den Käufer konfiguriert, etwa extra ein individueller Behinderteneinstieg eingebaut, besteht ebenfalls kein Fernwiderrufsrecht, da das Auto nach Rückgabe regelmäßig nicht mehr verkauft werden kann. Dies betrifft allerdings nicht den Fall, dass ein Auto online lediglich mit Standardkomponenten konfiguriert wird – in diesem Fall ist ein Widerruf möglich.
4. Gewährleistungsausschluss: „Verkauft wie beschrieben“
Ist der Käufer mit dem Kauf nicht zufrieden, etwa weil das Auto Schäden aufweist, ist neben einer etwaig abgeschlossenen Garantievereinbarung (auch) die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten wegen des Vorliegens eines Sachmangels möglich. Bei einem Gebrauchtwagenkauf von einem Unternehmer darf die Gewährleistungspflicht des Verkäufers für Sachmängel nicht kürzer sein als 1 Jahr. Bei reinen Privatkäufen ist ein vollständiger Gewährleistungsausschluss möglich.
Oft scheitern Gewährleistungsansprüche bei Internetkäufen jedoch daran, dass der Käufer einem bereits vorhandenen Vorschaden (z.B. Lackkratzer) beim Kauf zugestimmt hat. Wird nämlich eine Beschädigung, etwa bei einer Versteigerung über Ebay, ausreichend beschrieben, und bietet der Kaufinteressent trotzdem auf dieses Auto, kann er sich hinterher nicht auf darauf berufen, dass das Fahrzeug Schäden aufweist. Etwas anderes gilt natürlich für Schäden, die nicht in der Beschreibung des Wagens aufgeführt sind.
Der Verkauf eines Importfahrzeugs muss regelmäßig durch den Verkäufer offengelegt werden, da das Herkunftsland einen preisbildenden Faktor darstellen kann.
5. AGB des Verkäufers beachten
Für den Käufer empfiehlt es sich stets, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Verkäufers bzw. der Vermittlungsplattform vor dem Kauf genau durchzulesen. Der Verkäufer muss auf seine AGB deutlich hinweisen und dem Kunden die Einsicht VOR Vertragsschluss ermöglichen. Wurde auf die AGBs nicht ausreichend hingewiesen oder wurden diese erst nach Vertragsschluss zugeschickt, werden diese nicht Vertragsbestandteil.
AGBs unterliegen der AGB-Kontrolle, d.h. den gesetzlichen Vorgaben der §§ 305 ff. BGB. Dies bedeutet, dass etwa völlig überraschende oder den Käufer über alle Maßen benachteiligende Regelungen nicht Vertragsbestandteil werden.
Bei Verkäufern mit dem Firmensitz im Ausland stellt sich die Frage nach dem anzuwendenden Recht – häufig enthalten die AGBs des Verkäufers eine entsprechende Rechtswahlbestimmung. Fehlt eine Rechtswahlbestimmung, ist regelmäßig das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Käufers anzuwenden. Dies gilt zumindest dann, wenn die Website auf einen Verkauf in diesem Staat ausgerichtet ist (z.B. deutschsprachige Internetseite). Auch hier gilt jedoch: Nicht jede Rechtswahlbestimmung ist wirksam.
6. Finanzierungsvertrag, Überführungskosten und Anzahlungen
Wird neben dem Autokauf ein Finanzierungsvertrag angeboten, stellt die Finanzierung einen eigenen Vertragsschluss mit einem anderen Vertragspartner dar, der ebenfalls genau geprüft werden muss. Bei einem Widerruf stellt sich dann die Frage einer Rückgängigmachung des Finanzierungsvertrags.
Die Übernahme von Überführungskosten für das im Internet gekaufte Auto durch den Käufer muss vertraglich vereinbart werden. In jedem Fall sollte bei Kaufabschluss klar sein, wer die Kosten der Überführung für den Wagen trägt.
Eine Anzahlung vor Erhalt des Wagens stellt für den Käufer immer ein gewisses Risiko dar: Denn in einem solchen Fall trägt der Käufer das Insolvenzrisiko des Verkäufers. Wird der Verkäufer nach Verkauf und vor Lieferung des Wagens nämlich insolvent, sieht der Käufer sein Geld nicht wieder. Auch ein Widerruf hilft dann nichts.
7. Fazit und Praxistipp
Der Widerruf/Rücktritt vom Autokauf im Internet ist rechtlich kompliziert. Zunächst sollte geprüft werden, ob, wann und wie ein Kaufvertrag geschlossen wurde – denn davon hängt ab, welche Rechte dem Käufer zustehen. Der Verkäufer muss sowohl auf ein Widerrufsrecht wegen Fernabsatz als auch auf von ihm verwendete AGBs hinweisen. Hier lauern für den Verkäufer oft „Fallstricke“, etwa weil die Belehrung über das Widerrufsrecht unzureichend war oder die Einbeziehung der AGB ungültig ist. Es empfiehlt sich für den Verkäufer, sich an einer Muster-Widerrufsbelehrung zu orientieren, die etwa das Bundesjustizministerium zum Download bereithält. Auch hier gilt: Besser vorher zu einem Anwalt für Verkehrsrecht oder Vertragsrecht gehen!
Mit steigender Zahl von Autokäufen über das Internet steigt auch die Anzahl von Betrügereien bzw. von „schwarzen Schafen“ unter den Verkäufern. Deshalb: Vertragsbestimmungen genau durchlesen, keine übereilten Vertragsschlüsse, erhöhte Vorsicht bei besonders günstigen Angeboten. Denn ständig tauchen neue „Maschen“ auf, den oft redseligen und geschäftlich unerfahrenen Käufer „übers Ohr zu hauen“.