Kündigung wegen Alkohol oder Drogen: Diese Chancen bestehen

Kann der Genuss alkoholischer Getränke zur Kündigung führen? Und welche Folgen drohen für den Arbeitsplatz beim Konsum illegaler Drogen? Dieser Beitrag erläutert die aktuelle Rechtslage nach der teilweisen Legalisierung von Cannabis.

1. Alkohol- oder Drogensucht

Eine Kündigung wegen Drogen- oder Alkoholabhängigkeit hält zahlreiche Stolperfallen bereit. Arbeitnehmer haben daher oft gute Chancen, ihren Arbeitsplatz zu retten oder eine hohe Abfindung zu erhalten.

Bei einer Alkohol- oder Drogensucht kommt zwar eine sog. personenbedingte bzw. krankheitsbedingte Kündigung in Betracht. Die Drogen- oder Alkoholabhängigkeit allein berechtigt jedoch noch nicht zur Entlassung. Die Krankheit muss sich auch nachteilig auf die Arbeitsleistung des Arbeitsnehmers auswirken und das Arbeitsverhältnis nachhaltig beeinträchtigen.

Beispiel: Der Arbeitnehmer ist drogenabhängig. Während der Arbeitszeit ist er unkonzentriert und daher deutlich weniger produktiv.

Für eine personenbedingte Kündigung ist darüber hinaus eine sog. negative Zukunftsprognose nötig. Entscheidend ist also allein der Blick in die Zukunft. Ist zu erwarten, dass der Arbeitnehmer bald wieder einwandfrei seine Arbeit erbringt, kommt eine Kündigung nicht in Betracht. Davon ist z.B. auszugehen, wenn der Arbeitnehmer erfolgsversprechende Therapieversuche unternimmt. Anders liegt der Fall, wenn der Arbeitnehmer sich einer Kur verweigert, die Kurteilnahme keinen Erfolg hatte oder besondere Suchtanzeichen erkennbar sind.

Mitarbeiter, die schon lange für den Arbeitgeber tätig sind, müssen zunächst zu einer Entziehungskur aufgefordert werden. Erst wenn der Arbeitnehmer ablehnt oder nach einer Kur rückfällig wird, darf der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen.

2. Konsum während der Arbeit

Wer am Arbeitsplatz Alkohol trinkt oder Drogen nimmt, riskiert einen Konflikt mit dem Chef.

Alkohol

Eine einfache Alkoholisierung an sich genügt noch nicht für eine Kündigung. Der Arbeitnehmer muss darüber hinaus seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzen, was beispielsweise der Fall ist, wenn

  • er Alkohol konsumiert oder alkoholisiert ist, obwohl in dem Betrieb ein ausdrückliches und striktes Alkoholverbot gilt. Bietet der Arbeitgeber allerdings selbst alkoholische Getränke in der Kantine an, ist dies zu Gunsten des Arbeitnehmers auszulegen.
  • die Alkoholisierung zu verschlechterten Arbeitsleistungen führt.
  • das Reaktionsvermögen des Arbeitnehmers nachlässt.
  • bei Berufen mit erheblichem Gefahrenpotential zu befürchten ist, dass der Arbeitnehmer die Unfallverhütungsvorschriften nicht mehr einhält (z.B. Berufskraftfahrer).

In diesen Fällen kommt grundsätzlich eine sog. verhaltensbedingte Kündigung in Betracht.

Eine verhaltensbedingte Kündigung kann fast nie ohne eine vorherige Abmahnung ausgesprochen werden. Mit der Abmahnung macht der Arbeitgeber deutlich, dass er ein entsprechendes Verhalten nicht erneut dulden und im Wiederholungsfall kündigen wird. Die Abmahnung stellt sozusagen eine Warnung dar, die dem Arbeitnehmer eine „letzte Chance“ gibt. Wie viele Abmahnung auszusprechen sind, hängt von den jeweiligen Umständen ab.

Jedoch gibt es zwei Ausnahmen von der Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer vor der Kündigung abzumahnen.

  1. Die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers ist besonders schwer.
Beispiel: Es ist ein besonders großer Schaden eingetreten, der Arbeitnehmer war stark alkoholisiert oder das Ansehen des Unternehmens hat gegenüber Kunden gelitten.
  1. Wenn die Abmahnung keinen Erfolg verspricht, beispielweise weil der Arbeitnehmer nicht einsieht, einen Fehler gemacht zu haben.

Drogen

Die Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung gelten grundsätzlich auch bei der Einnahme illegaler Drogen. Es besteht allerdings der bedeutende Unterschied, dass der Konsum von Alkohol oder Cannabis für Erwachsene legal ist, die meisten anderen Drogen aber aufgrund ihrer Gefährlichkeit verboten sind.

Deshalb kann der Konsum von Drogen während der Arbeitszeit auch ohne weitere Pflichtverletzung eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Darüber hinaus ist je nach Art der Tätigkeit und der Droge eine fristlose Kündigung denkbar.

3. Konsum von Alkohol oder Drogen in der Freizeit

Drogenkonsum in der Freizeit stellt grundsätzlich keinen Kündigungsgrund dar.

Der gelegentliche Konsum von Kokain oder ähnlichen Substanzen in der Freizeit geht den Arbeitgeber nichts an. Für den Konsum von Alkohol oder Cannabis gilt das erst recht.

Anders sieht es natürlich aus, wenn der Rauschzustand noch während der Arbeit anhält. Dann droht eine Abmahnung oder sogar die Kündigung. Damit ist auch zu rechnen, wenn häufiger Drogenkonsum in der Freizeit z.B. zu einer verminderten Leistungsfähigkeit führt.

Besonders vorsichtig sollten allerdings Berufskraftfahrer sein. Wird ihnen wegen Alkohol am Steuer (in der Freizeit) der Führerschein entzogen, droht eine Kündigung. Noch brisanter ist der Umgang mit Drogen.

Beispiel: Arbeitnehmer B arbeitete als LKW-Fahrer und konsumierte außerhalb seiner Arbeitszeit Amphetamin und Methamphetamin („Crystal Meth“). Kurz nach dem Konsum erbrachte er fehlerfrei seine Arbeit, wurde aber am Ende seiner Strecke von der Polizei kontrolliert und positiv auf Drogen getestet. Sein Arbeitgeber kündigte ihm fristlos.

Diese Kündigung ist nach dem Bundesarbeitsgericht wirksam (nach BAG, Az.: 6 AZR 471/15).

4. Ist auch eine fristlose Kündigung wegen Alkohol- oder Drogenkonsums möglich?

Der Arbeitgeber hat unter besonderen Umständen auch die Möglichkeit, eine außerordentliche fristlose Kündigung gem. § 626 BGB auszusprechen.

Da eine fristlose Kündigung den Arbeitnehmer besonders hart trifft, kann sie nur erfolgen, wenn ein sog. wichtiger Grund vorliegt. Davon ist auszugehen, wenn selbst das Abwarten der Kündigungsfrist für den Arbeitgeber unzumutbar ist.

Ob dies tatsächlich der Fall ist, richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung der jeweiligen Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers.

Zwar stellt der bloße Alkoholmissbrauch oder Cannabiskonsum regelmäßig keine hinreichend schwere Verfehlung dar und kann lediglich zu einer ordentlichen Kündigung oder zu einer Abmahnung führen. Treten allerdings schwerwiegende Pflichtverletzung hinzu, ist die fristlose Kündigung nicht mehr ausgeschlossen.

Beispiel: Arbeitnehmer A erscheint schwer betrunken zur Arbeit. Er ist deshalb völlig enthemmt und belästigt Mitarbeiter. A verlässt später wutentbrannt das Büro und beschädigt dabei eine Tür.

Da eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber nach diesem Vorfall nicht mehr zuzumuten ist, kann er dem A fristlos kündigen.

Ein wichtiger Kündigungsgrund liegt auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer alkoholisiert eine erhebliche Gefahr darstellt.

Beispiel: Arbeitnehmer A war als Monteur beschäftigt und an der Lagerung von Gefahrstoffen beteiligt. Regelmäßig wurde bei den Arbeiten ein Mitarbeiter in einen Tank hinuntergelassen. Währenddessen sollte A von außen für die Sicherheit dieses Mitarbeiters sorgen. Nachdem A mehrmals betrunken zur Arbeit erschien, wurde er von seiner Arbeitgeberin abgemahnt. Nichtsdestotrotz erschien A bei seinem nächsten Einsatz so betrunken zur Arbeit, dass er nach Hause geschickt werden musste. Daraufhin wurde ihm fristlos gekündigt.

Die Kündigung war rechtmäßig, da A einen Beruf ausgeübt hat, der mit erheblichen Gefahren für ihn und seine Kollegen einherging (nach LAG Rheinland-Pfalz, 7 Sa 240/04).

Konsumiert der Arbeitnehmer illegale Drogen an seinem Arbeitsplatz, riskiert er ebenfalls eine fristlose Kündigung.

5. Wer muss im Prozess was beweisen?

Gerade in gravierenden Fällen ist die Rechtslage häufig klar. Der Arbeitsplatz lässt sich aber selbst dann unter Umständen noch retten. Häufig kann zumindest eine Abfindung ausgehandelt werden.

Der Arbeitgeber muss nämlich den Kündigungsgrund beweisen. Das gelingt ihm meist nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit.

Der Arbeitnehmer muss beispielsweise nicht an routinemäßigen Blutuntersuchungen teilnehmen, um eine Alkoholabhängigkeit auszuschließen. Etwas anderes gilt in seltenen Fällen, in denen das Gesetz solche Tests vorschreibt.

Um einen Alkoholmissbrauch zu beweisen, kann der Arbeitgeber daher häufig nur auf Indizien wie einen schwankenden Gang oder Alkoholgeruch verweisen.

Nur unter besonderen Umständen darf er sich allein auf einen Verdacht stützen. Diese sog. Verdachtskündigung ist besonders fehleranfällig und führt in den meisten Fällen dazu, dass der Arbeitgeber sich auf eine (hohe) Abfindung einlässt. Dazu ist er meist schon bereit, wenn der Arbeitnehmer mit einer Klage droht. Beide schließen dann einen Aufhebungs- bzw. Abwicklungsvertrag mit Abfindungsvereinbarung.

Geht der Arbeitgeber diesen Schritt nicht mit, ist er in der Regel spätestens vor Gericht bereit, eine Abfindung zu zahlen. Im Gegenzug verzichtet der Arbeitnehmer auf seine Klage bzw. lässt sie fallen. So kann der Arbeitgeber nämlich das Risiko umgehen, in einem teuren und langwierigen Gerichtsprozess zu unterliegen.

Die Voraussetzungen der Verdachtskündigung lauten:

  • Eine fristlose Kündigung wäre gerechtfertigt, wenn der Verdacht zutreffen sollte.
  • Tatsächliche Anhaltspunkte und nicht lediglich Gerüchte oder Vermutungen sprechen für den Verdacht.
  • Der Arbeitgeber muss alles unternommen haben, um den Sachverhalt aufzuklären. Dabei muss er insbesondere den Arbeitnehmer selbst angehört haben.

6. Was tun nach einer Kündigung wegen Drogen oder Alkohol?

Sollten Sie eine Kündigung wegen Drogen- oder Alkoholkonsums erhalten haben, ist Eile geboten.

Klagen Sie nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung, ist Ihr Arbeitsplatz endgültig verloren.

Egal ob Sie Ihre Stelle retten oder eine Abfindung aushandeln wollen: Wenden Sie sich schnellstmöglich an einen Anwalt für Arbeitsrecht.

Wie gezeigt, scheitern viele Kündigungen an den Beweisfragen. Wird Ihnen bloß Alkoholmissbrauch, Cannabiskonsum oder die Einnahme anderer Drogen in der Freizeit vorgeworfen, stehen Ihre Chancen ohnehin gut.

7. Fazit

  • Eine Alkohol- oder Drogensucht führt nur zur Kündigung, wenn die Arbeitsleistung beeinträchtigt ist und keine Besserung in Aussicht steht.
  • Der Konsum von Alkohol oder Drogen am Arbeitsplatz rechtfertigt schon eher eine Kündigung. Allein der Konsum von Alkohol oder Cannabis genügt häufig aber nicht.
  • Was der Arbeitnehmer in der Freizeit zu sich nimmt, ist grundsätzlich seine Sache. Vorsichtig sollten allerdings Berufskraftfahrer sein.
  • Eine fristlose Kündigung kommt nur in besonders schweren Fällen in Betracht.
  • Eine Kündigung wegen Drogen- oder Alkoholkonsum scheitert häufig daran, dass der Arbeitgeber den Vorwurf nicht beweisen kann.
  • Arbeitnehmer müssen im Falle einer Kündigung innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben!