Kündigung und Kündigungsschutz in der Schwangerschaft

Nichts kommt während der Schwangerschaft ungelegener als Angst um die berufliche Zukunft. Arbeitnehmerinnen sind daher während dieser Zeit vor Kündigungen besonders geschützt. Über den Kündigungsschutz während der Schwangerschaft informieren wir Sie in diesem Beitrag.

1. Ist eine Kündigung während der Schwangerschaft wirksam?

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer in Deutschland durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vor Kündigungen geschützt. Dieses bietet jedoch keinen allumfassenden Schutz, sondern beschränkt das Recht zur Entlassung lediglich auf einige Kündigungsgründe.

Eine schwangere Arbeitnehmerin wäre jedoch besonders hart von einer Kündigung betroffen, wird ihr die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz doch meist schwer fallen.

Aus diesem Grund sind Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft besonders geschützt: Es besteht ein Kündigungsverbot gemäß § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG).

Der Schwangeren kann also ohne Wenn und Aber nicht gekündigt werden, sofern die Voraussetzungen des Kündigungsschutzes vorliegen. Dies betrifft sämtliche Formen der Kündigung, egal ob ordentlich oder außerordentlich. Selbst in der Probezeit und für Änderungskündigungen gilt das Kündigungsverbot. Nur in wenigen Ausnahmefällen kann der Arbeitnehmerin trotz der Schwangerschaft gekündigt werden (s.u.).

Aber Achtung: Die Schwangere muss eine Kündigung innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht angreifen. Tut sie dies nicht, wird die Kündigung trotz des eigentlich bestehenden Kündigungsschutzes wirksam! Sie sollte daher so schnell wie möglich einen Anwalt aufsuchen.

2. Was sind die Voraussetzungen für den Kündigungsschutz in der Schwangerschaft?

Der Kündigungsschutz gemäß § 17 MuSchG ist an nur wenige Voraussetzungen geknüpft. Anders als beim normalen Kündigungsschutz nach dem KSchG spielen Größe des Betriebs und Dauer des Arbeitsverhältnisses keine Rolle. Der Kündigungsschutz gilt daher auch im Kleinbetrieb.

2.1 Schwangerschaft oder Fehlgeburt

Zunächst muss die Arbeitnehmerin schwanger sein. Entscheidend ist hierbei der Zeitpunkt, in dem die Kündigung zugeht. Eine Schwangerschaft, die erst danach eintritt, wird nicht geschützt.

Beispiel: Arbeitnehmerin A erhält ihre Kündigung mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist. Eine Woche später wird A schwanger.

Kündigungsschutz nach dem MuSchG besteht nicht. Zwar wurde A schwanger, während sie noch im Unternehmen arbeitete, jedoch war ihr die Kündigung bereits vor ihrer Schwangerschaft zugegangen.

Bestehen Zweifel daran, dass die Arbeitnehmerin zum Kündigungszeitpunkt tatsächlich schwanger war, muss zurückgerechnet werden: Vom Tag des berechneten Geburtstermin (z.B. aus dem Mutterpass) sind 280 Tage abzuziehen.

Die Arbeitnehmerin kann auch dann nach § 17 MuSchG vor Kündigungen geschützt sein, wenn sie nach der zwölften Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleidet. Für die Dauer von vier Monaten kann ihr dann nicht ordentlich gekündigt werden.

Hierbei ist zu beachten, dass im Einzelfall auch ein Schwangerschaftsabbruch als Fehlgeburt zählen kann. Eine Fehlgeburt vor der zwölften Schwangerschaftswoche löst keinen Kündigungsschutz aus. Denn erst ab der zwölften Schwangerschaftswoche gilt die Schwangerschaft als „sicher“.

2.2 Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft

Darüber hinaus muss der Arbeitgeber von der Schwangerschaft oder Fehlgeburt gewusst haben. Hierbei genügt es nicht, dass dem Arbeitgeber bloße Gerüchte innerhalb der Belegschaft zu Ohren gekommen sind.

Die Arbeitnehmerin sollte ihren Arbeitgeber daher unbedingt so schnell wie möglich von der Schwangerschaft in Kenntnis setzen.

Geht der Arbeitnehmerin vor Mitteilung der Schwangerschaft an den Arbeitgeber eine Kündigung zu, so kann sie den Arbeitgeber noch innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Kündigung in Kenntnis setzen. In diesem Fall wird die Kündigung unwirksam (es muss trotzdem geklagt werden!).

Die Mitteilung ist grundsätzlich formfrei möglich.

Aber Achtung: Die Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft muss im Streitfall durch die Arbeitnehmerin bewiesen werden. Es empfiehlt sich daher, den Arbeitgeber (auch) schriftlich in Kenntnis zu setzen, zum Beispiel per E-Mail.

2.3 Arbeitgeber Schwangerschaft nicht mitgeteilt?

Versäumt die Arbeitnehmerin die (nachträgliche) Mitteilung ihrer Schwangerschaft an den Arbeitgeber innerhalb der zweiwöchigen Frist, so ist sie grundsätzlich nur wie ein gewöhnlicher Arbeitnehmer vor einer Kündigung geschützt.

Das Überschreiten der zweiwöchigen Frist ist aber ausnahmsweise unter folgenden Voraussetzungen unschädlich:

  • Die Arbeitnehmerin hat die unterlassene Mitteilung nicht verschuldet
  • und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt.

Die Arbeitnehmerin verschuldet das Fristversäumnis beispielsweise dann nicht, wenn sie selbst nicht wusste, dass sie schwanger ist.

Beispiel: Arbeitnehmerin A ist in der zweiten Schwangerschaftswoche. Sie ahnt noch nichts von ihrer Schwangerschaft, als sie von ihrem Arbeitgeber gekündigt wird. Erst vier Wochen später erfährt die A von ihrem Frauenarzt, dass sie schwanger sei. Ist A wirksam gekündigt worden?

Die zweiwöchige Frist ist verstrichen. A wusste jedoch nichts von ihrer Schwangerschaft und in einem derart frühen Stadium sind oftmals auch noch keine Anzeichen der Schwangerschaft erkennbar. Wenn A daher ihren Arbeitgeber unverzüglich von der Schwangerschaft in Kenntnis setzt, verstößt die Kündigung gegen das MuSchG und ist daher unwirksam.

Die Arbeitnehmerin muss den Arbeitgeber jedoch schon dann informieren, wenn sie zwingende Anhaltspunkte für das Bestehen einer Schwangerschaft hat.

Das Fristversäumnis kann aber nicht nur bei eigener Unkenntnis der Schwangerschaft unverschuldet sein, sondern auch, wenn die Arbeitnehmerin bei Zugang der Kündigung krank oder urlaubsbedingt verreist war.

Hierzu folgender Beispielfall (2 AZR 736/95), welcher vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verhandelt wurde: Arbeitnehmerin A heiratete und fuhr anschließend für zwei Wochen in die Flitterwochen. Kurz nach ihrer Abreise ging ihr das Kündigungsschreiben ihres Arbeitgebers zu. A war zu diesem Zeitpunkt seit mehreren Wochen schwanger. Sie wusste zwar von ihrer Schwangerschaft, hatte dies ihrem Arbeitgeber jedoch noch nicht mitgeteilt. Bei ihrer Rückkehr wandte sich A gegen die Kündigung und teilte ihrem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft mit. Die zweiwöchige Frist war jedoch bereits abgelaufen. Wurde A wirksam gekündigt?

 

Das BAG entschied, dass die Kündigung unwirksam sei. Zwar habe A ihren Arbeitgeber zu spät über die Schwangerschaft informiert, jedoch habe sie nicht mit einer Kündigung rechnen müssen. Sie habe aus diesem Grund auch keinen Anlass gehabt, ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft bereits vor ihrer Abreise mitzuteilen.

Aber Achtung: Bemerkt die Schwangere das Fristversäumnis, muss sie ihren Arbeitgeber so schnell wie möglich informieren. Als Höchstgrenze wird hier von der Rechtsprechung grundsätzlich eine Spanne von einer Woche zugelassen. Die Arbeitnehmerin sollte also am besten sofort reagieren.

3. Wie lange besteht Kündigungsschutz wegen Schwangerschaft?

Der Kündigungsschutz besteht zunächst während der gesamten Schwangerschaft. Die Schwangere ist daher auch schon dann geschützt, wenn sie durch ihre Schwangerschaft noch nicht in ihrer Arbeit beeinträchtigt ist.

Kommt es zu einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche, ist die Arbeitnehmerin bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Fehlgeburt vor einer Kündigung geschützt.

Wird die Arbeitnehmerin innerhalb der Viermonatsfrist nach Fehlgeburt oder Entbindung erneut schwanger, besteht ein neuer Kündigungsschutz nach dem MuSchG. Eine Höchstdauer ist also nicht vorgesehen.

4. Gibt es Ausnahmen vom Kündigungsschutz bei Schwangerschaft?

Grundsätzlich ist der besondere Kündigungsschutz nach § 17 MuSchG absolut und kennt keine Ausnahmen.

Der Arbeitgeber kann jedoch in ganz außergewöhnlichen Fällen beantragen, dass er der schwangeren Arbeitnehmerin kündigen darf. In Oberbayern muss er diesen Antrag an das Gewerbeaufsichtsamt München richten.

Hierbei soll es sich jedoch um Ausnahmefälle handeln. Die Schwangere darf insbesondere nicht aus einem Grund, der mit der Schwangerschaft zusammenhängt, gekündigt werden. Stattdessen muss die Kündigung aus einem derart schwerwiegenden Grund erfolgen, dass die Fortführung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber schlicht unzumutbar ist.

Die Unzumutbarkeit wird stets anhand des Einzelfalls ermittelt und besteht regelmäßig dann, wenn die Interessen der Arbeitnehmerin hinter den Interessen des Arbeitgebers zurücktreten müssen.

Dies kann beispielsweise in folgenden Fällen sein:

  • Massenentlassungen
  • Insolvenz
  • Betriebsschließung
  • Schwere Pflichtverletzung der Arbeitnehmerin, z.B. Diebstahl

Im Regelfall soll es aber beim Kündigungsschutz der Schwangeren bleiben. Die Behörde wird daher grundsätzlich zunächst die Arbeitnehmerin zur geplanten Kündigung anhören.

5. Schwangerschaft in der Befristung: Besteht Kündigungsschutz?

Ist die Arbeitnehmerin lediglich befristet angestellt, besteht grds. zwar der oben beschriebene Sonderkündigungsschutz. Läuft der Arbeitsvertrag allerdings während der Schwangerschaft aus, so besteht kein Anspruch auf Verlängerung. Es handelt sich nämlich nicht um eine Kündigung. Gegen das Auslaufen des Arbeitsvertrages kann sich die Arbeitnehmerin nur wehren, wenn das Arbeitsverhältnis gerade wegen der Schwangerschaft nicht verlängert wurde. Das kann zum Beispiel durch vorherige Zusagen oder die übliche Praxis im Betrieb bewiesen werden.

Der Kündigungsschutz gilt aber natürlich, wenn der Arbeitnehmerin vorzeitig gekündigt werden soll. Auch sind Befristungen mitunter unwirksam, sodass eigentlich ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geschlossen wurde und der Kündigungsschutz nach § 17 MuSchG besteht. Es kann daher im Fall eines befristeten Arbeitsverhältnisses empfehlenswert sein, einen Anwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen und die Befristung überprüfen zu lassen.

6. Fazit

  • Einer Arbeitnehmerin kann während ihrer Schwangerschaft grundsätzlich nicht gekündigt werden. Dies gilt auch im Falle einer Fehlgeburt für den Zeitraum von vier Monaten.
  • Trotzdem muss gegen jede Kündigung innerhalb von drei Wochen geklagt werden. Ansonsten wird die Kündigung wirksam und kann nicht mehr angegriffen werden!
  • Der Kündigungsschutz besteht jedoch nur, wenn der Arbeitgeber Kenntnis von der Schwangerschaft hatte. Unter Umständen kann die Arbeitnehmerin die Mitteilung über ihre Schwangerschaft aber nachholen.
  • Der Arbeitgeber kann in Ausnahmefällen bei der zuständigen Behörde die Zulässigkeit der Kündigung beantragen.
  • Der Kündigungsschutz greift auch im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses. Die Schwangere hat aber kein Recht auf Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses.