1. Fahrverbot und Führerscheinentzug: Was ist der Unterschied?
Fahrverbot und Führerscheinentzug lassen zwar sprachlich auf dieselbe Folge schließen, sie sind juristisch gesehen jedoch zwei unterschiedliche Dinge.
- Bei einem Fahrverbot muss der Betroffene seinen Führerschein für ein bis drei Monate bei der Behörde abgeben. Da es sich aber nur um ein zeitlich begrenztes Verbot handelt, behält der Führerschein seine Gültigkeit. Nach Fristablauf erhält der Fahrer ihn automatisch zurück. Fahrverbote sollen neben einer Geldstrafe als zusätzlicher Denkzettel dienen. Sie werden bei leichteren Vergehen verhängt, wie z.B. Rotlichtverstößen und Geschwindigkeitsüberschreitungen.
- Ein Führerscheinentzug gilt hingegen zeitlich unbegrenzt. Sobald der Entzug rechtskräftig wird, ist der Führerschein dauerhaft ungültig. Erst nach Ablauf der Sperrfrist kann auf Antrag zwar eine erneute Fahrerlaubnis erteilt werden; sicher ist dies aber nicht. Die Sperrfristen sind meist auch deutlich länger als die Fristen eines Fahrverbots.
Die dauerhafte Entziehung droht bei schwerwiegenden Vergehen im Straßenverkehr. Sie dient ausschließlich dem Schutz der Allgemeinheit und der Sicherheit des Straßenverkehrs und hat keinen Strafcharakter wie das Fahrverbot.
2. Gründe für einen Führerscheinentzug
Die Behörde entzieht den Führerschein, wenn sie einen Autofahrer als nicht geeignet zum Führen eines Fahrzeugs ansieht. Entscheidend ist, ob der Fahrer die Sicherheit im Verkehr beeinträchtigt. Typische Gründe dafür sind
- Körperliche Mängel: Krankheiten und körperliche Einschränkungen schließen die Fahreignung aus, wenn durch sie die Fahrtauglichkeit nicht mehr dem erforderlichen Maß entspricht oder mit plötzlich und überraschend eintretenden Ausfällen zu rechnen ist (ggf. z.B. bei Parkinson oder nach einem Schlaganfall).
Geistige Mängel: Diagnostizierte Krankheiten wie Geisteskrankheiten, schwere Nervenleiden, schizophrene Psychosen, Halluzinationen etc., die die Verkehrssicherheit erheblich gefährden können. - Alkohol: Sowohl Alkoholmissbrauch als auch eine Abhängigkeit führen zur Nichteignung. Missbrauch liegt vor, sobald der Fahrer nicht mehr zwischen Fahren und Alkoholkonsum trennt. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn jemand im Bereitschaftsdienst auf sein Auto angewiesen ist und trotzdem Alkohol trinkt. Alkoholabhängigkeit hingegen ist eine Krankheit und muss anhand festgelegter Leitlinien sicher diagnostiziert sein.
- Berauschende Mittel / Drogen: Abhängigkeit von sog. harten Drogen (Kokain, Amphetamine,…) führt in aller Regel zur Nichteignung – schon nach dem erstem Mal. Die Drogen können durch Proben von Blut, Urin, Haaren oder Speichel nachgewiesen werden. Eine Fahrt während eines akuten Cannabisrausches sowie regelmäßiger Cannabiskonsum berechtigen die Behörden ebenfalls zum Führerscheinentzug. Bei gelegentlicher Cannabisaufnahme wird danach differenziert, ob der Fahrer noch strikt zwischen Konsum und Fahren trennt. Wann von gelegentlichem oder regelmäßigem Drogenkontakt auszugehen ist, hängt vom Einzelfall ab. Die Gerichte sind hier recht streng und nehmen teilweise gelegentlichen Konsum bereits nach bloß zweimaliger Aufnahme innerhalb eines Jahres an.
- Charakterliche Mängel: Die Nichteignung ergibt sich aus erheblichen oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr, wie z. B. wiederholte Trunkenheitsfahrten als Radfahrer sowie erhebliche und wiederholte Geschwindigkeitsüberschreitungen.
- Punkte-Verstoß: Ab acht Punkten im Flensburger Fahreignungsregister wird die Fahrerlaubnis entzogen.
- Strafrechtliche Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB): Begeht jemand eine Straftat, die im direkten Zusammenhang mit dem Führen eines Fahrzeugs steht, kann auch das Gericht die Fahrerlaubnis entziehen. Die Tat muss darauf schließen lassen, dass der Täter nicht geeignet ist, ein Fahrzeug zu führen. Beispiele sind Unfallflucht, illegale Autorennen und Trunkenheit im Verkehr.
- Verstoß in Probezeit: Wer in der Probezeit an einem Aufbauseminar teilnehmen muss und dort nicht erscheint, erhält den Führerschein ebenfalls entzogen. Dasselbe gilt unter näher geregelten Voraussetzungen, wenn der Jungfahrer innerhalb der Probezeit ein drittes Mal erheblich gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstößt.
3. Wann und wie erhalte ich den Führerschein wieder?
Hat die Behörde oder das Gericht den Führerschein rechtskräftig entzogen, beginnt automatisch eine Sperrfrist zu laufen. Innerhalb dieses Zeitraums darf keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden.
Insbesondere nach einem Entzug durch das Gericht hängt der genaue Zeitraum stark vom Einzelfall ab (sechs Monate bis fünf Jahre).
In anderen Fällen gilt:
- Hat die Behörde die Fahrerlaubnis wegen zu vieler Punkte entzogen, beträgt die Frist sechs Monate.
- Beruht der Entzug auf drei oder mehr Verstößen während der Probezeit, dauert die Frist mind. drei Monate.
Hierfür werden Unterlagen und Dokumente benötigt, die auch bei der Erstausstellung der Fahrerlaubnis vorgelegt werden müssen. Daneben können weitere besondere Auflagen gestellt werden.
Beispiele:
- Abstinenznachweis
- Medizinisches Gutachten
- Zweifelt die zuständige Behörde nach einem längeren Fahrverbot daran, dass noch alle erforderlichen Kenntnisse für eine Fahrerlaubnis vorhanden sind, verlangt sie eine erneute Fahrerlaubnisprüfung
- Zusätzlich wird in bestimmten Fällen eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet. Der Führerschein wird nur neu erteilt, wenn diese erfolgreich absolviert wurde. Die MPU soll nachweisen, dass der Betroffene wieder in der Lage ist, im öffentlichen Straßenverkehr ein Fahrzeug zu führen. Eine MPU ist typisch bei schweren Verstößen im Zusammenhang mit Alkohol und Drogen am Steuer, körperlichen und seelischen Erkrankungen, wiederholten gravierenden Verkehrsverstößen und Aggressivität im Straßenverkehr. Sie ist mit hohen Kosten verbunden und oft ohne professionelle Hilfe nicht leicht zu bestehen.
4. Führerscheinentzug umgehen: Diese Chancen bestehen
Ob jemand ungeeignet ist, ein Kfz zu führen, muss die Behörde beweisen bzw. das Gericht ermitteln. Dies stellt die Institutionen regelmäßig vor Schwierigkeiten, denn bloße Zweifel an der Eignung genügen nicht. Dies gilt insbesondere für Gründe wie Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie gesundheitliche Beeinträchtigungen. Unter Umständen darf ein medizinisches oder psychologisches Gutachten angeordnet werden.
Neue Umstände
Ein Führerscheinentzug ist grundsätzlich nur gerechtfertigt, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung die ausschlaggebenden Gründe noch vorliegen. Lange Verfahren haben für Betroffene daher den Vorteil, dass sich die Lage zu ihren Gunsten verbessern kann. Bei Probezeitverstößen kommt es hingegen allein auf die Tatzeit an.
Punkte falsch berechnet
Immer wieder kommt es vor, dass die Behörde oder bereits das Kraftfahrtbundesamt die Punkte im Fahreignungsregister falsch berechnet. Insbesondere sind tilgungsreife (also „verfallene“) Punkte nicht mehr zu berücksichtigen. Dies sind lang zurückliegende Eintragungen, die gemäß den Fristen aus § 29 StVG verfallen.
Freiwilliger Verzicht auf Fahrerlaubnis
Unter bestimmten Umständen ist es auch sinnvoll, freiwillig auf die Fahrerlaubnis zu verzichten, um einem teureren Entzug durch die Behörde zuvorzukommen. Das sollte allerdings nur nach Beratung durch einen Anwalt für Verkehrsrecht geschehen.
Verwicklung in Strafverfahren
Bei einer strafrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis wird die Ungeeignetheit vermutet, wenn der Fahrer eine bestimmte aufgelistete Verkehrsstraftat begangen hat. In diesem Fall kann der Verteidiger die Ungeeignetheit zum Führen eines Kfz widerlegen, sofern besondere Umstände vorliegen. Auch so kann der Führerscheinentzug ggf. noch umgangen werden.
Notstandsähnliche Umstände
Es bestehen zum Beispiel gute Chancen, wenn sich der Täter in einer notstandsähnlichen Lage befand, die sein Verhalten zwar nicht entschuldigt, aber immerhin begreiflich erscheinen lässt.
Persönliche Härte (Jobverlust u.ä.)
Insbesondere im Rahmen einer gerichtlichen Entziehung wird regelmäßig berücksichtigt, dass der Entzug der Fahrerlaubnis für den Betroffenen weitreichende Folgen haben kann. Überschreiten diese das Zumutbare, sehen die Gerichte bei guter Argumentation gelegentlich von einem Führerscheinentzug ab (z.B. wenn andernfalls der Arbeitsplatz in Gefahr ist oder ein Kind nicht mehr adäquat betreut werden kann).
Ersttäter
Außerdem kommt es dem Betroffenen zugute, wenn er ein Ersttäter ist und eine langjährige unbeanstandete Fahrpraxis vorweisen kann. Gegen die Ungeeignetheit spricht auch ein großer zeitlicher Abstand zwischen Tat und Verurteilung bzw. Entscheidung.
Verkürzung der Sperrfrist
Ist die Fahrerlaubnis einmal entzogen, kommt noch eine Verkürzung der Sperrfrist oder deren vorzeitige Aufhebung in Betracht, wenn diese schon zu laufen begonnen hat. Ob die Voraussetzungen für einen entsprechenden Antrag vorliegen, muss im Einzelfall beurteilt werden.
5. Was kann man gegen einen Führerscheinentzug tun?
Der Führerscheinentzug führt zu erheblichen Einschränkungen im Alltag, sodass viele gegen die entsprechende Entscheidung vorgehen möchten. Dies ist auch möglich, denn die Eignung zum Führen eines Fahrzeugs ist eine Rechtsfrage, die vollumfänglich überprüfbar ist.
Ob der Betroffene gleich Klage zu erheben oder zunächst Widerspruch bei der Behörde einzulegen hat, hängt vom Bundesland ab. In Bayern ist der Widerspruch nur entbehrlich, wenn der Führerschein aufgrund zu vieler Punkte entzogen wurde. In allen anderen bayerischen Fällen kann gleich Klage erhoben werden. In Baden-Württemberg findet das Widerspruchsverfahren generell statt.
Wurde der Führerscheinentzug von einem Gericht angeordnet, muss gegen das Urteil ein Rechtsmittel eingelegt werden.
6. Fazit
- Typische Gründe für einen Führerscheinentzug sind körperliche und geistige Mängel, Missbrauch und Abhängigkeit von Alkohol, harte Drogen und Cannabis sowie Verkehrsstraftaten und ein volles Punktekonto in Flensburg.
- Mit dem Führerscheinentzug wird der Führerschein ungültig. Nach Ablauf einer Sperrfrist können Betroffene die Wiedererteilung des Führerscheins beantragen. Die zuständige Behörde kann daran besondere Anforderungen knüpfen.
- Oft lohnt es sich, die Entziehung durch einen Anwalt für Verkehrsrecht prüfen zu lassen. Betroffene sollten gegen den Führerscheinentzug innerhalb eines Monats Klage erheben oder Widerspruch einlegen, wenn ihr Anwalt gute Verteidigungschancen sieht.