1. Werden Überstunden immer ausbezahlt?
Zunächst kommt es darauf an, ob Überstunden überhaupt vergütet werden. Einige Arbeitnehmer müssen hinnehmen, dass sie für ihre Zusatzleistung keine Vergütung erhalten, sondern diese mit dem Gehalt abgegolten ist.
In folgenden Fällen sollten Arbeitnehmer nicht mit einer Vergütung für ihre Überstunden rechnen:
- Der Arbeitgeber hat die Überstunden nicht angeordnet, gebilligt oder im Nachhinein genehmigt. Er muss nur solche Überstunden bezahlen, die in seinem Interesse liegen.
- Arbeitnehmer in Führungspositionen und Berufsgruppen, die „Dienste höherer Art“ leisten, erhalten Überstunden in aller Regel nicht vergütet. Betroffen sind zum Beispiel Chefärzte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und andere Arbeitnehmer mit vergleichbar hoher Vergütung.
- Im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder dem Tarifvertrag kann die Bezahlung von Überstunden ausgeschlossen sein. Häufig finden sich dort Regelungen, wonach Überstunden mit dem normalen Gehalt abgegolten sind. Die Überstunden werden dann nicht zusätzlich zum normalen Gehalt bezahlt. Teilweise werden nur Überstunden vergütet, die eine bestimmte Anzahl überschreiten. Denkbar sind auch Regelungen, die einen Pauschalbetrag für einige Überstunden vorsehen.
Liegt keiner der genannten Ausschlussgründe vor, können Arbeitnehmer in der Regel eine Vergütung für ihre Überstunden verlangen.
2. Wie hoch ist die Überstundenvergütung?
Die Höhe der Bezahlung richtet sich nach der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Grundsätzlich ist das gewöhnliche Gehalt maßgeblich. Das Monatsgehalt ist auf die Arbeitsstunden herunterzurechnen.
Dies geschieht bei einer 40-Stunden-Woche üblicherweise wie folgt:
Bei einem Jahresbruttogehalt von 45.000 € bedeutet dies:
45.000 € / 12 / 174 = Bruttolohn von 21,55 € pro Stunde
Grundsätzlich nicht einzubeziehen sind Boni und ein 13. Monatsgehalt.
Teilweise gewährt der Arbeitgeber einen Zuschlag zum normalen Stundenlohn. Dazu ist er allerdings nur verpflichtet, wenn der Arbeits- oder Tarifvertrag dies vorsieht.
3. Fallen auf die Vergütung von Überstunden Steuern oder Sozialabgaben an?
Die Bezahlung von Überstunden ist steuer- und sozialrechtlich als gewöhnlicher Arbeitslohn zu behandeln. Daher fallen sowohl Steuern als auch Sozialabgaben an.
Vielverdienern bleibt von ihrer Überstundenvergütung oft nicht viel übrig. Es kann sich daher gerade hier anbieten, im Arbeitsvertrag den Freizeitausgleich von Überstunden zu vereinbaren.
4. Wann werden Überstunden abgefeiert?
Eine gesetzliche Regelung dazu gibt es nicht. Überstunden können daher nur abgefeiert werden, wenn der Arbeits- oder Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung dies vorsehen. Natürlich sind auch Einzelabsprachen mit dem Arbeitgeber möglich. Diese sollten immer schriftlich festgehalten werden. Ohne eine Vereinbarung zum Freizeitausgleich von Überstunden bleibt es dabei, dass die Mehrarbeit allenfalls finanziell belohnt wird.
5. Wer bestimmt, wann und ob Überstunden abgefeiert werden?
Auch hier kommt es auf die Übereinkünfte mit dem Arbeitgeber im Arbeits- oder Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung an:
- Sehen die Vereinbarungen nur vor, dass die Überstunden abgefeiert werden, gibt es keine Bezahlung für die Überstunden und der Arbeitgeber bestimmt einen Zeitpunkt für den Freizeitausgleich. Natürlich können Arbeitgeber und Arbeitnehmer davon abweichen, sofern sie sich einigen.
- Lassen die Vereinbarungen sowohl die Bezahlung von Überstunden als auch deren Ausgleich durch Freizeit zu, hat der Arbeitgeber grundsätzlich ein Wahlrecht. Er kann entscheiden, ob die Überstunden im Einzelfall ausbezahlt oder abgefeiert werden. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall kein Mitspracherecht.
- Insbesondere Tarifverträge überlassen die zeitliche Lage des Freizeitausgleichs häufig dem Arbeitnehmer. Dieser muss sich dann dennoch mit dem Arbeitgeber abstimmen und auf die Erfordernisse im Betrieb Rücksicht nehmen.
Bestimmt der Arbeitgeber den Zeitpunkt des Freizeitausgleichs, kommt ihm zwar ein gewisser Spielraum zu. Doch auch der Arbeitgeber muss Rücksicht auf die Interessen des Arbeitnehmers nehmen. Das heißt, dass der Zeitpunkt des Freizeitausgleichs rechtzeitig vorher mitzuteilen ist. Nur so kann der Arbeitnehmer sich auf die zusätzliche Freizeit einstellen und sie nach seinen Wünschen gestalten.
Beispiel: Der Arbeitgeber teilt dem Mitarbeiter erst um 17 Uhr mit, dass er am folgenden Tag Freizeitausgleich nehmen muss. Der Arbeitnehmer kann dann nicht mehr die ihm eingeräumte Freizeit entsprechend seinen Interessen sinnvoll nutzen. In diesem Fall hat der Arbeitgeber seinen Spielraum in aller Regel überschritten.
Etwas anderes ist nur bei dringenden betrieblichen Erfordernissen denkbar. In der Folge bleiben dem Mitarbeiter die Überstunden erhalten. Erscheint der Arbeitnehmer am nächsten Tag zur Arbeit und der Arbeitgeber lehnt seine Beschäftigung ab, muss er den Arbeitnehmer grundsätzlich trotzdem bezahlen (sog. Annahmeverzugslohn).
6. Achtung: Freistellung kann Überstunden aufbrauchen
Nach einer Kündigung ist die weitere Zusammenarbeit in einigen Fällen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr gewünscht. Der Arbeitgeber stellt den Mitarbeiter dann meistens – einseitig oder einvernehmlich – frei. Dies kann ebenfalls im Rahmen eines Aufhebungsvertrags geschehen.
In vielen Fällen wird der Arbeitgeber die Freistellung ausdrücklich auf die offenen Überstunden anrechnen. Die Freistellung ist dann als Freizeitausgleich anzusehen. Dies hat einen Nachteil: Die offenen Überstunden gehen unter. Blieben sie hingegen noch bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses erhalten, könnte der Arbeitnehmer unabhängig von der Freistellung eine Bezahlung verlangen.
Der Arbeitgeber darf so allerdings nur vorgehen, wenn er auch sonst bestimmen darf, wann der Arbeitnehmer die Überstunden abfeiert. Ggf. ist ihm dieses Recht z.B. im Tarifvertrag genommen (s.o.). Außerdem können Freistellung und Überstunden nur verrechnet werden, wenn der Arbeitgeber dies ausdrücklich anordnet. Eine bloße Freistellung ohne Anordnung der Überstundenverrechnung genügt nicht.
7. Fazit
- Arbeitnehmer erhalten Überstunden meist vergütet, wenn diese vom Arbeitgeber angeordnet werden. Allerdings kann z.B. der Arbeitsvertrag Ausschlüsse vorsehen. Führungskräfte u. ä. können in der Regel nicht mit einer Vergütung rechnen.
- Für die Überstunden gilt der normale Stundenlohn ggf. plus vereinbartem Zuschlag.
- Auf die Überstundenvergütung fallen Steuern und Sozialabgaben an.
- Überstunden können nur dann abgefeiert werden, wenn der Arbeits- oder Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung dies vorsehen. Auch individuelle Einigungen sind möglich.
- Lassen die Vereinbarungen Bezahlung und Freizeitausgleich gleichermaßen zu, entscheidet grundsätzlich der Arbeitgeber über die Abgeltung der Überstunden.
- Eine Freistellung z.B. nach einer Kündigung kann dazu führen, dass Überstunden aufgebraucht werden.