Hausdurchsuchung – wie verhalte ich mich richtig?

Durchsuchungsbeschluss und Hausdurchsuchung – keine Panik! Wie Sie sich jetzt richtig verhalten und warum Widerstand genauso wenig hilfreich ist wie zu viel Mitteilsamkeit.

Am frühen Morgen klingelt es bei Ihnen. Kaum haben Sie die Tür geöffnet, stecken Sie in einer für Sie völlig neuen Situation: Hausdurchsuchung! Der Beamte hält Ihnen einen richterlichen Beschluss vor die Nase und erzählt Ihnen irgendetwas, dem Sie vor lauter Schreck kaum folgen können. Erst als er und seine Kollegen Ihr Haus schon betreten haben, realisieren Sie wirklich, was vor sich geht. Was nun tun? Ruhig verhalten und Kaffee trinkend beobachten, was um Sie herum geschieht? Oder sollen Sie den Beamten erklären, warum diese bei Ihnen „an der falschen Adresse“ sind?

Wir erklären, wie Sie sich bei einer Hausdurchsuchung am besten verhalten.

1. Kühlen Kopf bewahren

Oft wissen Sie als Beschuldigter nicht, dass ein Ermittlungsverfahren gegen Sie läuft. Demgemäß überrascht werden Sie dann sein, wenn die Vollstreckungsbeamten mit einem Durchsuchungsbeschluss vor Ihrer Tür stehen.

Auch wenn Sie geschockt sein sollten – behalten Sie die Ruhe! Jeglicher Widerstand macht Ihre Lage nur schlimmer. Die Durchsuchung können Sie selbst dann nicht mehr verhindern, wenn das Vorgehen der Vollstreckungsbeamten in irgendeiner Weise rechtswidrig sein sollte. Gegen die Durchsuchung können Sie sich nur nachträglich wehren. Dazu sollten Sie – am besten mit Hilfe Ihres Rechtsanwalts für Strafrecht – Rechtsmittel einlegen.

Es hat in dieser Situation also keinen Sinn, auf Ihre Privatsphäre zu pochen. Selbst wenn Sie aus Ihrer Sicht völlig unschuldig sind. Zwar ist die Privatsphäre innerhalb der eigenen vier Wände, die „Unverletzlichkeit der Wohnung“, ein Grundrecht. In bestimmten Fällen lässt Art. 13 Grundgesetz aber Ausnahmen zu – hierzu zählen auch Durchsuchungen, die von einem Richter oder anderen hierzu bestimmten Organen angeordnet werden.

Das bedeutet im Einzelnen konkret:

  • Kein Widerstand, keine verbalen Entgleisungen, keine Aggressionen – bleiben Sie ruhig! Es droht sonst ein Verfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.
  • Versuchen Sie auch nicht, Unterlagen zu verstecken oder zu vernichten – Verdunkelungshandlungen sind strafbar und werden Ihre Situation nur verschärfen: Es droht eine sofortige Verhaftung wegen Verdunkelungsgefahr.

2. Durchsuchungsbeschluss zeigen lassen

Eine Hausdurchsuchung ist nur aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses zulässig. Durch den Beschluss soll sichergestellt werden, dass die Durchsuchung in einem sehr genau bestimmten und kontrollierten Rahmen stattfindet – weil sie eben einen starken Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen darstellt.

Entweder erfolgt die Anordnung durch einen Beschluss des zuständigen Ermittlungsrichters. Oder – bei Gefahr in Verzug – durch ein nichtrichterliches Vollstreckungsorgan. Nichtrichterliche Vollstreckungsorgane bei einer strafprozessualen Durchsuchung sind die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten. Gefahr in Verzug in diesem Sinne liegt vor, wenn eine richterliche Anordnung nicht rechtzeitig genug eingeholt werden kann. Voraussetzung ist außerdem, dass bei weiterer zeitlicher Verzögerung der Zweck der Maßnahme gefährdet wird, also der Verlust der Beweismittel droht.

Da sich die Durchsuchung an die Anordnungen des Beschlusses halten muss, haben Sie als Beschuldigter das Recht, sich diesen zeigen zu lassen. Erhalten Sie nicht ohnehin eine Abschrift, dürfen Sie eine Kopie fertigen – notfalls machen Sie ein Foto mit Ihrer Handykamera. Prüfen Sie die Daten, angefangen bei Ihren Personalien.

Zudem finden Sie hier die Vorgaben zur Durchsuchung:

  • warum die Durchsuchung überhaupt angeordnet wurde, also welcher Straftat Sie verdächtigt werden (z. B. wegen eines Betrugsdelikts) und wie dieser Verdacht begründet wird
  • in welchem Umfang Ihr Zuhause durchsucht werden darf; denn die gesuchten Unterlagen oder Gegenstände werden im Beschluss aufgelistet. Bei einer Durchsuchung wegen einer Drogenstraftat könnten als Beweismittel beispielsweise Betäubungsmittel, Dealgeld, Kommunikationsmittel wie Handy und Computer sowie Unterlagen über Drogenhändler und –abnehmer genannt sein.

3. Lassen Sie die Beamten gewähren

Die im Durchsuchungsbeschluss genannten Unterlagen oder Gegenstände sollten Sie am besten freiwillig vorzeigen. Sie sind zwar nicht verpflichtet, den Beamten die Durchsuchung zu erleichtern, indem Sie hieran mitwirken.

Doch wenn absehbar ist, dass das Gesuchte letztlich auch gefunden wird, ist es für Sie nicht nachteilig, diese Sachen von selbst herauszugeben: Sie verkürzen so nicht nur die Zeit der Durchsuchung, sondern verhindern auch, dass weiter in Ihre Privatsphäre eingedrungen wird.

4. Keine Erklärungen

Sehr wichtig ist auch, dass Sie auf gar keinen Fall eine Aussage machen. Das Einzige, was von Ihnen verlangt werden kann, ist die Angabe Ihrer Personendaten, um Sie identifizieren zu können. Lassen Sie jede weitere Angabe bleiben.

Das heißt: Keine Erklärungen, keine Rechtfertigungen, keinerlei weitergehende Aussagen zu Ihrer Person oder zum Sachverhalt!

Erstens dient die Durchsuchung allein dem Auffinden und Sicherstellen von Beweismitteln. Sie ist nicht der richtige Zeitpunkt und Ort für eine Vernehmung, für vorauseilende Aussagen oder gar ein Geständnis des Beschuldigten. Will der Leiter der Durchsuchung eine Aussage von Ihnen, muss er Sie zu einer Vernehmung ordnungsgemäß zu einem späteren Termin laden. Jegliche unbedachte Äußerung kann sich im weiteren Verfahren als nachteilig erweisen – und lässt sich auch nachträglich von Ihrem Strafverteidiger nicht mehr berichtigen.

5. Formalien klären

Sinnvoll ist es, wenn Sie selbst auf die im Folgenden genannten Punkte bei der Durchsuchung achten. Dies gilt insbesondere, wenn Sie bei der Durchsuchung keinen Anwalt an Ihrer Seite haben.

  • Schreiben Sie sich das Aktenzeichen des Durchsuchungsbeschlusses auf, die Namen der vor Ort anwesenden Beamten sowie deren Kontaktdaten. So erleichtern Sie sich bzw. Ihrem Rechtsanwalt, später gezielt Kontakt mit den zuständigen Stellen aufzunehmen und Akteneinsicht zu erhalten.
  • Die Mitnahme der aufgefundenen Beweismittel können Sie zwar nicht verhindern – Sie können der Sicherstellung aber widersprechen. Das sollten Sie auch ausdrücklich tun. Der leitende Beamte wird dies im Durchsuchungsprotokoll vermerken, in dem er z.B. „Widerspruch“ notiert. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit für Ihren Strafverteidiger, im Nachgang die Durchsuchung zu beanstanden und eventuell durch den Richter überprüfen zu lassen.
  • Am Ende der Durchsuchung sollten Sie sich unbedingt das Durchsuchungsprotokoll aushändigen lassen. Zudem auch das Verzeichnis über die Unterlagen und Gegenstände, die sichergestellt und beschlagnahmt werden. In der Regel sollten Sie ohnehin eine Durchschrift erhalten, ansonsten machen Sie eine Kopie oder eine Fotografie. Prüfen Sie die Angaben auf Richtigkeit. Kontrollieren Sie, ob alle Unterlagen und Gegenstände, die die Beamten mitnehmen, im Verzeichnis vollständig aufgeführt und richtig bezeichnet sind. Dies verhindert spätere Missverständnisse und erleichtert die Rückgabe.

6. Strafverteidiger informieren

Sie sollten schon frühestmöglich während der laufenden Durchsuchung einen Rechtsanwalt kontaktieren. Die meisten Strafverteidiger sind hierzu rund um die Uhr erreichbar. Zu einem solchen Anruf haben Sie ein Recht – die Beamten dürfen Ihnen dies nicht verbieten.

Informieren Sie Ihren Anwalt über die Hausdurchsuchung. Er wird entweder sofort zu Ihnen kommen oder mit Ihnen telefonisch die nächsten Schritte besprechen. Gegebenenfalls wird er auch mit dem leitenden Durchsuchungsbeamten telefonieren, um den weiteren Verlauf zu klären und Hinweise zu erteilen.

Gerade bei umfangreicheren und längeren Durchsuchungen wird Ihr Rechtsanwalt die Möglichkeit nutzen, rechtzeitig selbst vor Ort zu erscheinen. So kann er die Durchsuchung begleiten und prüfen, ob die Durchsuchungsbeamten rechtmäßig vorgehen. Er kann beispielsweise eingreifen, wenn die Beamten Unterlagen mitnehmen, die nicht vom Durchsuchungsbeschluss umfasst sind. Bei Unstimmigkeiten hierüber kann verlangt werden, dass die Unterlagen versiegelt werden, damit sie nicht vor einer rechtlichen Klärung gelesen werden können.

Im Nachgang zur Durchsuchung kann Ihr Anwalt prüfen, ob und in welchem Umfang gegebenenfalls Rechtsmittel gegen die Durchsuchung, Sicherstellung oder Beschlagnahme eingelegt werden. Gegen eine rechtswidrige Durchsuchung kann eine Beschwerde erfolgen. Zudem kann Ihr Verteidiger eine zeitnahe Akteneinsicht und schnellstmögliche Herausgabe der Unterlagen und Gegenstände erreichen. Ist dies nicht möglich und Sie benötigen Kopien von sichergestellten Unterlagen, kann Ihr Anwalt auch dafür sorgen.

7. Fazit

Wenn es zu einer Hausdurchsuchung kommt, denken Sie daran: Diese lässt sich zwar nicht mehr stoppen – aber eine Entscheidung im Strafverfahren ist noch nicht gefallen. Bis dahin sollten Sie folgende Verhaltensregeln befolgen:

  • Ruhe bewahren: Kein Widerstand und kein aggressives Verhalten. Lassen Sie die Beamten die Durchsuchung vornehmen – Sie können diese nicht verhindern.
  • Durchsuchungsbeschluss zeigen lassen: Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss zeigen und kontrollieren Sie den Strafvorwurf und vor allem den Umfang der angeordneten Durchsuchung.
  • Lassen Sie die Beamten gewähren: Ersparen Sie sich ein unnötiges Eindringen in Ihre Privatsphäre, indem Sie die im Beschluss genannten Unterlagen oder Gegenstände freiwillig herausgeben.
  • Keine Erklärungen: Machen Sie keine Aussagen! Eine Vernehmung ist nicht Gegenstand der Hausdurchsuchung, so dass Sie jede Aussage, die über die Feststellung Ihrer Personalien hinausgeht, verweigern dürfen. Zu einer Vernehmung müssen Sie förmlich geladen werden.
  • Formalien klären: Notieren Sie sich Aktenzeichen, Namen der Durchsuchungsbeamten und Kontaktdaten. Widersprechen Sie der Sicherstellung. Sichern Sie sich eine Abschrift, Kopie oder ein Foto des Durchsuchungsprotokolls sowie des Verzeichnisses über die Unterlagen und Gegenstände und prüfen Sie alles auf Richtigkeit.
  • Strafverteidiger informieren: Lassen Sie sich am besten schon während der Durchsuchung telefonisch, spätestens umgehend nach einer Durchsuchung von einem erfahrenen Strafverteidiger beraten!