Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung

Wie erhält man eine Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung, welche Voraussetzungen müssen vorliegen und wie hoch fällt die Abfindung aus?

Die Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz

Vertragliche Abfindungsregelungen gibt es schon lange, beispielsweise bei einem Vergleich im Kündigungsschutzprozess oder im Rahmen eines sog. Abwicklungsvertrages, bei dem sich der Arbeitnehmer dazu verpflichtet, keine Kündigungsschutzklage zu erheben und dafür im Gegenzug eine Abfindung erhält.

Mit dem Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt wurde mit Wirkung ab 1.1.2004 der § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) in das Kündigungsschutzgesetz eingefügt und damit erstmals ein Abfindungsanspruch gesetzlich verankert.

Die Vorschrift gibt dem Arbeitnehmer im Falle der betriebsbedingten Kündigung einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Zahlung einer Abfindung. Hierdurch wird den Parteien eine außergerichtliche Einigung ohne aufwändigen Prozess ermöglicht.

Wahlrecht für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

§ 1a KSchG gewährt dem Arbeitnehmer keinen generellen Abfindungsanspruch. Der Arbeitgeber ist nicht gezwungen, dem Arbeitnehmer eine Abfindung nach § 1a KSchG anzubieten. Nur dann, wenn der Arbeitgeber sich dafür entscheidet, ein solches Abfindungsangebot zu unterbreiten, ist der Arbeitnehmer am Zuge. Er hat dann ebenfalls ein Wahlrecht, ob er das Angebot annimmt oder nicht.

Für die Abfindungsregelung müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die im Folgenden aufgeführt werden:

1. Anwendung nur bei Kündigungsschutz

§ 1a KSchG setzt voraus, dass der Arbeitnehmer Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz beanspruchen kann. Daher findet die Regelung in Kleinbetrieben keine Anwendung, § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Ebenfalls dann nicht, wenn das Arbeitsverhältnis weniger als 6 Monate bestanden hat, §§ 1 Abs. 1, 1a Abs. 2 Satz 3 KSchG.

2. Kündigung aus betrieblichen Gründen

Der Arbeitgeber muss das Arbeitsverhältnis wegen betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 KSchG gekündigt haben. Die Kündigung muss also aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, erfolgen.

Daneben muss es sich um eine ordentliche Kündigung handeln, bei welcher der Arbeitgeber die für das Arbeitsverhältnis geltende Kündigungsfrist beachtet. Dies ist schon aus dem Wortlaut des § 1a KSchG ersichtlich, der davon spricht, dass der Arbeitnehmer „mit dem Ablauf der Kündigungsfrist“ Anspruch auf eine Abfindung hat. Zudem ist die Vorschrift nicht in § 13 Abs. 1 KSchG genannt, der einen Verweis für außerordentliche Kündigungen enthält.

3. Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Die Kündigungserklärung muss bestimmte Hinweise enthalten, weshalb die Kündigung schriftlich gemäß § 623 BGB erfolgen muss.

Der Arbeitgeber muss in der Kündigungserklärung darauf hinweisen, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt wird, das heißt, er muss betriebliche Gründe für die Kündigung angeben. Gibt er dagegen andere als betriebliche Gründe oder gar keine Gründe an, so ist § 1a KSchG wegen seines eindeutigen Wortlautes nicht anwendbar. Denkbar ist dann nur, hierin ein Angebot zum Abschluss einer vertraglichen Abfindungsvereinbarung zu sehen.

Außerdem muss der Arbeitgeber darauf hinweisen, dass der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

Schließlich muss der Arbeitgeber auch auf den Abfindungsanspruch in der Kündigungserklärung hinweisen. Dagegen muss die Höhe der Abfindung oder der Berechnungsfaktor für die Abfindung in der Kündigung nicht angegeben werden. Es genügt, wenn der Arbeitgeber formuliert, dass der Arbeitnehmer die gesetzliche Abfindung verlangen kann.

4. Verstreichen der Klagefrist

Der Arbeitnehmer muss die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 S. 1 KSchG verstreichen lassen, darf also keine Kündigungsschutzklage erheben. Der Anspruch entsteht also nicht, wenn der Arbeitnehmer eine Klage erhebt mit dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch Kündigung nicht aufgelöst ist (§ 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG).

Vorsicht ist auch geboten, wenn man zunächst klagt und die Klage dann zurücknimmt. Sofern die Klage dem Arbeitgeber bereits zugestellt wurde, kann der Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG trotz Rücknahme der Klage nicht mehr geltend gemacht werden.

Das Bundesarbeitsgericht hat außerdem entschieden, dass der Abfindungsanspruch selbst dann nicht entsteht, wenn der Arbeitnehmer gegen die Kündigung klagt, nachdem die dreiwöchige Klagefrist bereits abgelaufen ist. Eine nachträgliche Zulassung solch verspäteter Klagen ist gemäß § 5 KSchG unter den dort bestimmten Voraussetzungen möglich. Auch wenn dieser Fall im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist, folge aber aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, dass mit dem Antrag, eine verspätete Klage zuzulassen, der Abfindungsanspruch entfalle (BAG, Urteil vom 13.12.2007, 2 AZR 971/06).

5. Höhe der Abfindung

Liegen die vorgenannten Voraussetzungen vor, steht dem Arbeitnehmer ein Abfindungsanspruch zu.

Die Höhe der Abfindung ist in § 1a Abs. 2 KSchG ausdrücklich geregelt. Danach erhält der Arbeitnehmer 0,5 (Brutto-) Monatsverdienste pro Beschäfigungsjahr. Für die Berechnung der Abfindungshöhe verweist die Regelung auf die für die Abfindung bei gerichtlicher Auflösung des Arbeitsverhältnisses geltende Regelung in § 10 Abs. 3 KSchG. Daher gilt als Monatsverdienst das, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet, an Geld und Sachbezügen zusteht.

Die Parteien können zwar eine niedrigere Abfindung als diesen Regelbetrag vereinbaren. Allerdings muss der Arbeitgeber dann ausdrücklich darauf hinweisen, dass er ein von § 1a KSchG abweichendes Angebot unterbreitet. Es muss für den Arbeitnehmer erkennbar sein, dass die Abfindung geringer sein soll, als in § 1a Abs. 2 KSchG vorgesehen (BAG, Urteil vom 13.12.2007, 2 AZR 807/06).

6. Fazit

Ob es sinnvoll ist, die gesetzliche Abfindung nach § 1a KSchG in Anspruch zu nehmen, muss im Einzelfall entschieden werden. Trotz eines entsprechenden Angebots des Arbeitgebers kann es sinnvoll sein, mit dem Arbeitgeber außergerichtlich zu verhandeln. Neben einer höheren Abfindung könnten auf diesem Wege auch weitere Abwicklungsfragen geklärt werden, wie beispielsweise eine Freistellung, Resturlaub, die Formulierung eines Zeugnisses usw. Insofern könnte die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses umfassender und vorteilhafter für den Arbeitnehmer verhandelt werden.

Je nach den Kündigungsumständen muss dem Arbeitnehmer sogar geraten werden, eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Denn häufig kann auf diesem Wege eine Abfindung erzielt werden, die weitaus höher als die Abfindung nach § 1a KSchG ausfallen kann.

Denn ob eine Abfindung angemessen ist oder ein Almosen darstellt, ist je nach Fallkonstellation unterschiedlich zu bewerten (siehe dazu Süddeutsche Zeitung, süddeutsche.de vom 19.02.2013, „Protest in Rosa“). Nur dann, wenn die Erfolgsaussichten einer Klage nicht hoch einzustufen sind, sollte man sich mit der Abfindung nach § 1a KSchG begnügen.

Ob in Ihrem Fall eine höhere Abfindung zu erreichen ist, sollten Sie daher mit einem auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt beraten.