1. Handy am Steuer – wo ist das Problem?
Viele Autofahrer nutzen auch am Steuer das Handy und vergessen, dass sie damit eine Ordnungswidrigkeit begehen. Denn das „Benutzen“ eines elektronischen Geräts ist während der Fahrt in den meisten Fällen nicht erlaubt. Dieses Verbot ist in § 23 Abs. 1a der Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelt.
Wirklich verlässliche Zahlen darüber, wie oft der Gebrauch eines Handys im Auto einen Unfall verursacht, existieren nicht – das Handy am Steuer zählt aber neben Alkohol sowie Geschwindigkeitsüberschreitungen und dichtem Auffahren zu den häufigsten Unfallursachen. Die Polizei registriert pro Jahr mehrere hunderttausend Verstöße gegen das „Handyverbot“ am Steuer.
- Was aber fällt genau unter das „Benutzen“ eines Mobiltelefons?
- Was ist erlaubt?
- Was ist verboten und führt zu einem Bußgeldbescheid?
- Smartphones bieten eine Vielzahl an Funktionen – ist jede im Auto untersagt?
Diese Fragen beschäftigen auch immer wieder die deutschen Gerichte. Oft entscheiden hier Nuancen und die Rechtsprechung erscheint nicht immer einheitlich. Für den Autofahrer ist daher meist schwer erkennbar, wann er gegen das Gesetz verstößt.
2. Wann ist ein Handy am Steuer erlaubt?
Nach einem Urteil des BayObLG München muss das Handy noch nicht einmal in der Hand gehalten werden, damit das Handyverbot greift. Im betreffenden Fall hatte eine Autofahrerin schon vor Fahrtantritt ihr Handy auf ihrem rechten Oberschenkel abgelegt. Bei langsam stockendem Verkehr tippte sie auf dem Handy die Wahlwiederholung, um zu telefonieren. Dabei wurde sie erwischt und musste 100 Euro Bußgeld zahlen.
Nach Ansicht des Gerichts ist von einem “Halten des Telefons” auch dann die Rede, wenn es zwischen Ohr und Schulter bzw. zwischen Oberschenkel und Lenkrad eingeklemmt wird oder auf sonstige Art mit Hilfe der menschlichen Muskulatur in seiner Position bleibt. Das gilt auch beim “Balancieren” des Handys auf dem Oberschenkel.
Das Lesen, Schreiben und Versenden von SMS oder sonstigen Kurznachrichten (z.B. WhatsApp) ist daher ebenso verboten wie das Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung.
Es gibt aber auch einige Fälle, in denen das Handy rechtlich nicht zum Verhängnis wird:
Kurze Blicke können zulässig sein
Mittlerweile darf man einen kurzen Blick aufs Handy wagen, wenn man das Handy nicht in den Händen hält und es die aktuelle Verkehrslage erlaubt. Es kommt aber immer auf die konkrete Verkehrssituation an: Wenn es gerade sehr unübersichtlich ist, darf man unter Umständen gar nicht den Blick von der Fahrbahn abwenden.
Wie lang dieser kurze Blick sein darf, wird nicht in der Norm festgelegt. Der Fahrer muss allerdings stets den Verkehr weiter beobachten und darf nicht abgelenkt sein. In Zukunft werden die Gerichte die genauen Maßstäbe festlegen. Vorerst kann man als Faustregel festhalten: Der Blick sollte nicht länger sein als der Blick in den Rückspiegel beim Spurwechsel/Abbiegen. Es wird sich also um eine Angelegenheit von ca. 1 Sekunde handeln:
- Nachrichten lesen oder Videos anschauen etc. geht also immer noch nicht, weil man dazu länger auf den Bildschirm schaut.
- Ein ganz kurzer Blick auf das Display ist aber möglich, wenn man etwa die Uhrzeit ablesen möchte.
- Während der Fahrt kurz auf die bereits geöffnete Navigations-App am Handy zu schauen, ist wohl zulässig.
- Eine neue Adresse einzugeben und die Zielführung zu starten, dauert meistens etwas länger und ist daher nicht erlaubt.
Kein Verstoß bei ausgeschaltetem Motor
Nach § 23 Abs. 1 b Nr. 1 StVO gilt das Handyverbot nicht, wenn das Auto steht und der Motor ausgeschaltet ist. Das OLG Hamm (Az. 2 Ss OWi 190/07) entschied beispielsweise: Wer an einer roten Ampel steht, darf telefonieren, wenn der Motor ausgeschaltet ist. Man wird heute hinzufügen müssen: „ganz ausgeschaltet ist“. Denn das Abschalten durch die Start-Stopp-Automatik genügt nicht (mehr). Das Urteil lässt sich aber auf andere Situationen übertragen, in denen der Motor ausgeschaltet ist.
Das gilt allerdings nicht für das Telefonieren auf dem Standstreifen einer Autobahn. Im Gegenteil: Schon das bloße Halten auf dem Standstreifen als Teil der Fahrbahn ist verboten (§ 18 Abs. 8 StVO). Wer dann noch auf dem Standstreifen bei angeschaltetem Motor telefoniert, muss mit einem erhöhten Bußgeld rechnen. Denn er verstößt gleichzeitig gegen das Halteverbot auf dem Standstreifen und gegen das Handyverbot (OLG Düsseldorf – Az. IV-2 Ss OWi 84/08).
Freisprecheinrichtung und Headset sind erlaubt
Die Benutzung des Headsets ist selbst dann zulässig, wenn man den Kopfhörer mit der Hand ans Ohr drückt, um den Gesprächspartner besser zu verstehen (OLG Stuttgart – Az. 1 Ss 187/08).
Auch für Textnachrichten gilt: Eine Benutzung der genannten Funktionen über eine Freisprecheinrichtung per Sprachsteuerung bzw. das Vorlesen-Lassen empfangener Nachrichten ist erlaubt.
Handy darf aufgehoben werden
Die Gerichte haben zahlreiche weitere Fälle entschieden, in denen das Handy nur in die Hand genommen und dabei nicht benutzt wurde:
- Wer sein klingelndes Telefon in seiner Handtasche sucht, um es an seinen Beifahrer weiterzugeben, benutzt das Telefon nicht und bekommt kein Bußgeld (OLG Köln, Az. III-1 RBs 284/14).
- Ähnliches gilt, wenn das Telefon wegen Störgeräuschen im Radio nur im Auto „umgelagert“ werden soll.
- Wer das heruntergefallene Telefon lediglich vom Fußraum aufhebt, riskiert ebenfalls kein Bußgeld (OLG Bamberg – Az. 3 Ss OWi 452/07). Aber: Man darf nach dem Aufheben keine Taste drücken, um zu kontrollieren, ob das Handy noch funktioniert (KG – Az. 3 Ws (B) 160/19 – 122 Ss 66/19).
3. Ist auch der Gebrauch anderer Geräte verboten?
Das Verbot erfasst nicht nur Handys, sondern alle elektronischen Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen. Verboten ist daher beispielsweise auch der Gebrauch folgender Gegenstände am Steuer:
- Tablet-Computer
- Diktiergeräte
- E-Book-Reader
- Smartwatches
- Notebooks
Diese Liste ist nicht abschließend, sondern „technikoffen“, wie diese Entscheidungen belegen:
- Auch der Scanner eines Paketzustellers wurde als elektronisches Gerät im Sinne der Vorschrift gewertet (OLG Hamm – 4 RBs 345/20).
- Taschenrechner mit Display und internem Speicher sind nach der Rechtsprechung ebenfalls elektronische Geräte und dürfen daher beim Autofahren nicht benutzt werden (BGH – 4 StR 526/19).
4. Bußgeldkatalog für Handy am Steuer
Wer gegen das Handyverbot verstößt, muss – auch ohne Unfall – als Strafe mit einem Bußgeld von mindestens 100 € und einem Punkt in Flensburg rechnen. Im schlimmsten Fall droht sogar ein Fahrverbot. In der Probezeit ist im Wiederholungsfall eine Verlängerung der Probezeit bzw. ein Aufbauseminar zu befürchten.
Die Höhe des Bußgeldes und die weiteren Konsequenzen bestimmen sich nach dem aktuellen Bußgeldkatalog und dem Punktekatalog (Stand: April 2021):
Handlung | Bußgeld (€) | Punkte in Flensburg | Fahrverbot? |
Handy am Steuer benutzt | 100 | 1 | Nein |
Handy am Steuer benutzt + Gefährdung des Straßenverkehrs | 150 | 2 | Ein Monat |
Handy am Steuer benutzt + Unfall | 200 | 2 | Ein Monat |
Handy beim Fahrradfahren benutzt | 55 | Nein | Nein |
5. Was tun bei Bußgeldbescheid wegen Handy am Steuer?
Die gute Nachricht: Nur weil Sie einen Bußgeldbescheid erhalten haben, ist noch nicht alles verloren. Denn die Behörden erlassen Bußgeldbescheide oft übereilt und machen daher häufig formelle Fehler. Daher sollten Sie zunächst Ruhe bewahren und über weitere Schritte nachdenken.
Was kann ich gegen den Bescheid tun?
Durch den Einspruch prüft die Behörde den ursprünglichen Bescheid noch einmal. Sie kann dem Einspruch dann stattgegeben oder ihn ablehnen.
Wenn die Behörde dem Einspruch stattgibt, hat sich die Sache für Sie erledigt und Sie müssen nicht zahlen. Hält die Behörde am ursprünglichen Bescheid fest, leitet sie die Akten an das Amtsgericht weiter. Dort entscheidet dann ein Richter über den Einspruch.
Die Behörde muss nun genau beweisen, dass Sie tatsächlich Ihr Handy am Steuer in unzulässiger Weise genutzt haben. Je nach Fall muss sie also nachweisen, dass Sie
- bei laufendem Motor
- das Handy in der Hand gehalten haben oder
- keine Sprachsteuerung benutzt bzw. länger auf das Handy geschaut haben.
Lohnt sich ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid?
Sie sollten gegen den Bußgeldbescheid vorgehen. Denn insbesondere für Berufskraftfahrer kann ein Fahrverbot den Verlust des Arbeitsplatzes bedeuten. Fahrer in der Probezeit müssen ebenfalls mit erheblichen Konsequenzen rechnen.
Aber auch in anderen Fällen kann es sinnvoll sein, Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid wegen Handy am Steuer einzulegen. Wenn es um ein höheres Bußgeld, Punkte in Flensburg oder ein Fahrverbot geht, sollten Sie einen Einspruch zumindest in Erwägung ziehen.
Sollte man einen Anwalt einschalten?
Zumindest wenn Punkte in Flensburg oder ein Fahrverbot im Raum stehen, ist die Einschaltung eines Anwalts für Verkehrsrecht zu empfehlen. Beim Einspruch gegen den Bußgeldbescheid gilt es, einige Formalitäten zu beachten und die Sachlage richtig darzustellen. Zudem muss unbedingt die Frist gewahrt werden, sodass Eile geboten ist.
6. Fazit
- Der Gebrauch des Handys am Steuer ist bis auf wenige Ausnahmen verboten.
- Sie können Ihr Mobiltelefon benutzen, wenn der Motor ganz ausgeschaltet ist oder Sie eine Freisprechanlage verwenden.
- Wenn Sie das Handy nicht in der Hand halten, können Sie während der Fahrt einen schnellen Blick auf das Display werfen.
- Ein Verstoß gegen das Verbot kann teuer werden und Punkte in Flensburg sowie sogar ein Fahrverbot nach sich ziehen.
- Gegen einen Bußgeldbescheid können Sie Einspruch einlegen. Meist lohnt sich hier die Hilfe eines Anwalts, da Eile geboten ist und einige Formalitäten beachtet werden müssen.