1. Was ist ein Fahrtenbuch?
Ein Fahrtenbuch dokumentiert die mit einem Fahrzeug zurückgelegten Fahrten, d.h. Anlass, Datum, Uhrzeit und Dauer einer Fahrt sowie den Fahrer, d.h. den Fahrzeugführer des Fahrzeugs. Bei einem Firmenwagen ist die Führung eines Fahrtenbuchs nicht unüblich. Ein Fahrtenbuch ist also quasi so etwas wie ein Logbuch auf einem Schiff.
Im Straßenverkehrsrecht bezeichnet ein Fahrtenbuch die Auflage der zuständigen Straßenverkehrsbehörde an der Fahrzeughalter, die Verwendung des oder der Fahrzeuge zu protokollieren, also Buch darüber zu führen, wer wann mit dem Fahrzeug gefahren ist (Fahrtenbuch-Auflage). Das Fahrtenbuch ist in der Vorschrift des § 31a der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO) geregelt.
2. Wann wird eine Fahrtenbuch-Auflage erhoben?
Die Voraussetzungen für eine Fahrtenbuch-Auflage sind ebenfalls in § 31a StVZO festgeschrieben. Demnach muss eine „Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften“ vorliegen, nach der die Ermittlung des Fahrzeugführers nicht möglich war. Es muss also eine Situation vorgelegen haben, bei der die Fahrzeugbehörde erfolglos nach dem Fahrer ermittelt hatte und nun die Auflage eines Fahrtenbuches anordnet, um die Wiederholung einer solchen Situation zu verhindern.
3. Welche Verstöße werden mit einer Fahrtenbuch-Führung geahndet?
Bei welchen Verstößen gegen Verkehrsrecht wird nun ein Fahrtenbuch angeordnet und wie sollte man sich in einem solchen Fall verhalten?
Da die o.g. Vorschrift des § 31a StVZO hier etwas undeutlich bleibt, lässt sich eine klare Grenze nicht ziehen, in welchen Fällen genau die Verkehrsbehörde überhaupt eine Fahrtenbuch-Auflage anordnen darf. Die Verhängung des Fahrtenbuches steht dabei im Ermessen der Behörde. Das bedeutet aber nicht, dass nach jedwedem Verkehrsverstoß sofort ein Fahrtenbuch angeordnet werden kann. Es gelten hierbei die folgenden (nicht abschließenden) Maßgaben:
- Die Fahrtenbuch-Auflage kann nur gegen den Fahrzeughalter ergehen
- Erforderlich ist ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht. Dies wird allgemein dann angenommen, wenn der Verstoß mindestens einen Punkt in Flensburg im Verkehrszentralregister nach sich zieht (vgl. Bundesverwaltungsgericht v. 28.05.2015 – Az. C 13.14)
- Unwesentliche Verstöße, die lediglich mit einem Verwarnungsgeld abgegolten werden können oder im ruhenden Verkehr begangen wurden (z.B. Falschparken), reichen nicht aus
- Eine konkrete Wiederholungsgefahr hinsichtlich eines neuen Verstoßes ist nicht erforderlich. Es ist ausreichend, wenn gegen den Fahrer des Fahrzeugs erfolglos ermittelt wurde
- Bei einer unaufgeklärten Verkehrsstraftat (also keiner bloßen Ordnungswidrigkeit) ist die Auflage eines Fahrtenbuches stets zulässig.
4. Anhörung im Bußgeldverfahren
Meist ergeht im Bußgeldverfahren ein Anhörungsbogen an den Fahrzeughalter, um den Fahrzeugführer (Fahrer) des Bußgeldverstoßes zu ermitteln. Der Fahrzeughalter ist insoweit aber nicht dazu gezwungen, Angaben zur Sache zu machen. Er kann also etwa angeben, dass er sich nicht daran erinnern kann, wer zum besagten Zeitpunkt mit seinem Auto gefahren ist.
5. Einspruch gegen die Fahrtenbuch-Auflage
Die Fahrtenbuch-Auflage stellt eine belastende Verwaltungsmaßnahme (sog. Verwaltungsakt) dar. Dagegen kann man mit den üblichen verwaltungsrechtlichen Rechtsmitteln (Widerspruch, Anfechtungsklage) Einspruch erheben. Wie unter 3. bereits dargestellt, kann nicht jeder Verstoß gegen Verkehrsrecht mit einer Fahrtenbuch-Auflage belegt werden.
Die Details des verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzes sind kompliziert und unterscheiden sich im Detail von Bundesland zu Bundesland. In einigen Bundesländern – etwa in Bayern – ist das (zwingende) Widerspruchsverfahren bei der Verkehrsbehörde (i.d.R. das örtliche Landratsamt) abgeschafft worden. Daher kann sofort Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Dies muss innerhalb von einem Monat nach Erhalt der Fahrtenbuch-Auflage geschehen.
Der Einspruch (Klageeinlegung) kann in folgenden Fällen erfolgversprechend sein:
- Es liegt überhaupt kein (nachweisbarer) Verstoß gegen Verkehrsrecht vor
- Es liegt lediglich ein Verkehrsrechtsverstoß im ruhenden Verkehr oder eine nur unwesentliche Übertretung vor (Bagatellfall)
- Die Auferlegung einer Fahrtenbuch-Auflage steht außer Verhältnis zum begangenen Verstoß bzw. die aufgegebene Dauer der Fahrtenbuchauflage ist zu lang (dazu folgend).
Die Dauer der Pflicht zum Fahrtenbuch ist ebenfalls zeitlich begrenzt, kann also nicht für unbestimmte oder für eine unverhältnismäßig lange Zeit auferlegt werden. Gewöhnlich darf die Fahrtenbuch-Auflage nicht länger als ein Jahr auferlegt werden. Hier einige Beispiele aus der Rechtsprechung, bei welchen Verstößen eine Fahrtenbuch-Auflage mit welcher Dauer auferlegt wird. Natürlich sind dies nur Richtwerte – entscheidend sind wie stets die Umstände des Einzelfalls:
- Ampelverstoß (Fahren über Rot): 6 Monate
- Überholverbot missachtet: 6 Monate
- Geschwindigkeitsübertretung: 1 Jahr
- Sicherheitsabstand nicht eingehalten: 1 Jahr.
Auch ein erstmaliger Verstoß, der zu einem Punkteeintrag in Flensburg führt (z.B. Handy am Steuer), kann mit einer Fahrtenbuch-Auflage geahndet werden. Da die Fahrtenbuch-Auflage dem Zweck dient, zukünftigen Verkehrsverstößen vorzubeugen (sog. Gefahrenabwehr), gilt keine Unschuldsvermutung zugunsten des Fahrzeughalters.
Der Rechtsschutz gegen das Fahrtenbuch ist dabei in engem Zusammenhang mit dem Vorwurf zu sehen, der zur Auferlegung des Fahrtenbuches führte. Denn oft ist ein Vorgehen gegen das Grundvergehen (also ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid) erfolgversprechender als gegen die spätere Fahrtenbuchauflage selbst. Aus diesem Grund sollte man bereits dann einen erfahrenen Anwalt für Verkehrsrecht konsultieren wenn einem ein Verstoß zur Last gelegt wird, der die Auferlegung eines Fahrtenbuches nach sich ziehen könnte. Denn in diesem Fall kann der Anwalt versuchen, den im Raum stehenden Verstoß von vorneherein zu entkräften (z.B. durch den Nachweis von Messfehlern bei einer angeblichen Geschwindigkeitsübertretung) und dem Fahrtenbuch damit die Grundlage zu entziehen.
6. Was im Fahrtenbuch stehen muss
Im Fahrtenbuch müssen nach § 31a StVG folgende Angaben gemacht werden:
- Beginn der Fahrt
- Name und Anschrift des Fahrers
- KFZ-Kennzeichen des benutzten Wagens
- Beginn nach Datum und Uhrzeit
- Fahrtende mit Datum und Uhrzeit mit Unterschrift des Fahrers.
Das Fahrtenbuch ist ständig bei der Fahrt mitzuführen und bei Verlangen vorzuzeigen.
7. Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen:
- Ein Fahrtenbuch dokumentiert sämtliche Fahrten mit einem Fahrzeug nach Uhrzeit und Datum und muss den jeweiligen Fahrer mit Anschrift und Unterschrift enthalten
- Eine Fahrtenbuch-Auflage wird dem Fahrzeughalter nach einem verkehrsrechtlichen Verstoß auferlegt, wenn sich der Fahrer nicht ermitteln lässt
- Ein Fahrtenbuch kann nach allen Verstößen angeordnet werden, für das Punkte in Flensburg anfallen
- Wer in einer Anhörung keine Angaben zur Sache macht, muss mit einer Fahrtenbuch-Auflage rechnen
- Gegen die Fahrtenbuch-Auflage kann verwaltungsrechtlich mit einer Anfechtungsklage Einspruch erhoben werden
- Es empfiehlt sich, den bereits zuvor ergangenen Vorwurf (Bußgeld) ebenfalls zu überprüfen.
8. Praxistipp
Zum Themenkomplex „Fahrtenbuch“ ist eine schier unübersichtliche Anzahl von Einzelentscheidungen der deutschen Gerichte zu jeder erdenklichen Fallkonstellation ergangen. Wer sich als Halter zu einem Tatvorwurf äußert und angibt, nicht zu wissen, wer sein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gefahren hat, sollte zumindest eine plausible Erklärung zu diesem „Unwissen“ abgeben können. Denn wie dargestellt wird von einem Fahrzeughalter erwartet, dass er darüber Bescheid weiß, wer sein Auto fährt.