1. Befristete Arbeitsverträge
Befristete Arbeitsverträge werden in Deutschland immer „populärer“. Inzwischen wird jeder zweite neue Arbeitsvertrag in Deutschland befristet abgeschlossen. Meist ist eine Befristung des Arbeitsvertrages, die zu einer „automatischen“ Beendigung des Arbeitsvertrags ohne Kündigung führt, durch den Arbeitgeber initiiert worden: Die Befristung schafft Planungsspielraum für den Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer nach Ende des Arbeitsvertrags wieder „loswerden“ kann, ohne die mitunter hohen gesetzlichen Hürden des deutschen Kündigungsschutzes einhalten zu müssen.
Eine Befristung des Arbeitsvertrages läuft dagegen meist den Interessen des Arbeitnehmers nach einer langfristigen und gesicherten Zukunftsperspektive zuwider, der durch die Befristung seinen Arbeitsplatz verliert.
Um das Planungsinteresse des Arbeitnehmers zu schützen und der Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitgeber befristete Arbeitsverträge zur Aushebelung des Kündigungsschutzes missbraucht, wurde das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TZBfG) geschaffen. Dieses dient dem Zweck, den befristeten Arbeitsvertrag nicht zur Regel werden zu lassen und die Befristung eines Arbeitsvertrages an bestimmte sachliche Bedingungen zu knüpfen.
Das TzBG unterscheidet in § 15 TzBfG zwischen Zeitbefristungen, bei denen der Arbeitsvertrag nach einer festen vereinbarten Zeit ausläuft und Zweckbefristungen, bei denen ein bestimmter Zweck (z.B. Vertretung eines länger erkrankten Kollegen) eingetreten bzw. erfüllt wurde.
2. Befristungen mit Sachgrund
Das TzbfG differenziert weiter zwischen Befristungen mit Sachgrund und sachgrundlosen Befristungen. Die Vorschrift des § 14 Abs. 1 TzBfG enthält eine Auflistung von objektiv vorliegenden Gründen, bei denen eine Befristung möglich ist. Andere Gesetze können ebenfalls mögliche Sachgründe für eine Befristung enthalten. Eine Befristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG ist etwa dann möglich, wenn
- der Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht
- im Anschluss an ein Studium oder eine Ausbildung (Nr. 2)
- zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers (Nr. 4)
- zum Zwecke der Erprobung (Nr. 5).
Gerade in größeren Betrieben besteht die Gefahr, dass Befristungen immer wieder erneuert werden, indem bei jeder Verlängerung des Arbeitsvertrags mit erneuter Befristung (sog. Kettenbefristungen) ein neuer Befristungsgrund angegeben wird.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. vom 18.7.2012 – Az. 7 AZR 443/09) darf eine immer wieder verlängerte Befristung eines Arbeitsvertrags nicht rechtsmissbräuchlich erfolgen. Je länger die Gesamtvertragszeit ist bzw. je öfter eine Verlängerung des Arbeitsvertrages mit neuer Befristung erfolgte, desto höher ist der Verdacht anzusetzen, dass der Arbeitgeber missbräuchlich versucht, einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu vermeiden. Ab einer Gesamtdauer von sechs bis sieben Jahren muss daher im Streitfall eine Missbrauchskontrolle erfolgen (BAG v. 13.2.2013 – Az. 7 AZR 225/11).
Im Juni 2014 erwirkte eine Postbotin vor dem AG Schwerin im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches einen unbefristeten Arbeitsvertrag von ihrem Arbeitgeber. Zuvor hatte sie über einen Zeitraum von 17 Jahren 88 (!) befristete Arbeitsverträge als Briefträgerin erhalten, oft nur für die Dauer weniger Wochen. Als der 89. Arbeitsvertrag ausblieb, ging sie vor Gericht – in diesem Fall mit Erfolg.
3. Befristung ohne Sachgrund
Im Unterschied zu Befristungen, die durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt werden, sind sog. sachgrundlose Befristungen höchstens drei Mal zulässig, zudem darf die Gesamtdauer der Befristungen 2 Jahre nicht überschreiten. Was nicht möglich ist: Eine sachgrundlose Befristung darf nicht direkt im Anschluss an eine Befristung mit Sachgrund erfolgen.
Der erneute Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags ist nur im Sinne einer „Verlängerung“ des bereits abgeschlossenen Arbeitsvertrags möglich. Eine insoweit zulässige „Verlängerung“ nach § 14 Abs. 2 S.1 Hs. 2 TzBfG liegt nur dann vor, wenn
- nur der Beendigungstermin des Arbeitsvertrags nach hinten verschoben wird
- weder die Vergütung noch sonstige Inhalte des Arbeitsvertrags verändert werden
- die Verlängerung in schriftlicher Form vor Ablauf der ersten bzw. vorigen Vertragslaufzeit erfolgt
- zwischen dem vorigen Arbeitsvertrag und der Verlängerung ein nahtloser Übergang erfolgt.
Das bedeutet: Werden die Arbeitsvertragsbestandteile in irgendeiner Form verändert oder erfolgt die Verlängerung zu spät, sodass einige Tage zwischen dem alten und dem neuen Arbeitsvertrag liegen, ist keine zulässige Verlängerung mehr gegeben. Die Verlängerung muss vorher schriftlich erfolgen, um „Rückdatierungen“ zu vermeiden.
Problematisch bleibt die Zulässigkeit einer Befristung, wenn ein Arbeitnehmer bereits in einem mehrere Jahre zurückliegenden Zeitraum befristet für das Unternehmen gearbeitet hatte. Im BAG-Urteil v. 06.04.2011 (Az. 7 AZR 716/09) hatte das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass eine erneute Befristung trotz einer vorhergehenden befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers dann möglich sein soll, wenn diese frühere Tätigkeit mehr als 3 Jahre zurückliegt. Dagegen wandte sich allerdings mehrfach das LAG Baden-Württemberg, etwa im Urteil v. 21.02.2014 (Az. 7 Sa 64/13). Hier bleibt die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten.
4. Sonderfälle der Befristung
Bei einer Neugründung eines Unternehmens darf eine Befristung über eine Gesamtdauer von vier Jahren andauern und in dieser Zeit beliebig oft verlängert werden. Eine Neugründung eines Unternehmens liegt noch nicht vor, wenn in einem Unternehmen bzw. Konzern lediglich umstrukturiert wird und etwa einzelne Unternehmensteile lediglich eine neue Rechtsform erhalten.
Für Arbeitnehmer über 52 Jahren ist eine sog. Altersbefristung für eine Gesamtdauer von fünf Jahren möglich. Dies setzt voraus, dass der Arbeitnehmer
- unmittelbar vor der Beschäftigung mindestens vier Monate arbeitslos war,
- Transferkurzarbeitergeld bezogen hat oder
- der Arbeitnehmer an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen hat.
5. Schriftform der Befristung
Die Befristung selbst muss nach der Vorschrift des § 14 Abs. 4 TzBfG schriftlich erfolgen – ein schriftlicher Arbeitsvertrag mit einer mündlich vereinbarten Zusatzabrede reicht nicht! Ähnlich wie beim Ausspruch einer Kündigung verlangt die Schriftform eine eigenhändige Unterschrift, eine Fotokopie oder eine E-Mail reichen nicht aus. Das Schriftformerfordernis gilt jedoch nur für die Befristungsabrede als solche (also die Vereinbarung, dass der Arbeitsvertrag befristet abgeschlossen werden soll), nicht aber für die Angabe des Fristgrundes (BAG v. 29.6.2011 – Az. 7 AZR 774/09).
6. Kündigung von befristeten Arbeitsverträgen
Die ordentliche Kündigung eines befristeten Arbeitsvertrages ist nur dann möglich, wenn diese Möglichkeit im Arbeitsvertrag bzw. in einer einschlägigen tarifvertraglichen Regelung ausdrücklich eingeräumt wurde (§ 15 Abs. 3 TzBfG). Das bedeutet, dass die Kündigungsfristen des § 622 BGB regelmäßig nicht gelten. Ein befristeter Arbeitsvertrag endet daher regelmäßig nur durch Zeitablauf bzw. mit Eintritt des vereinbarten Zwecks als Beendigungsgrund (Zweckbefristung).
Eine außerordentliche bzw. fristlose Kündigung ist dagegen weiterhin möglich, wenn eine schwere Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorliegt (z.B. Diebstahl am Arbeitsplatz).
7. Klage gegen Befristung
Wer sich gegen die Befristung seines Arbeitsvertrages zur Wehr setzen möchte, der kann eine Entfristungsklage/Befristungskontrollklage erheben. Die Befristungskontrollklage ist ähnlich wie eine Kündigungsschutzklage mit einer Frist von 3 Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich. Hat die Entfristungsklage Erfolg, dann wird festgestellt, dass die Befristung unwirksam ist und daher ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorliegt.
Wer gegen die wiederholte Befristung (Kettenbefristung) vorgehen möchte, der kann dies (nur) gegen die letzte Befristungsvereinbarung tun und muss dann darstellen, warum diese letzte Befristung unwirksam ist.
Eine Klageerhebung kann auch für denjenigen sinnvoll sein, der das Arbeitsverhältnis gar nicht fortsetzen, aber eine Abfindung erstreiten will.
8. Fazit und Praxistipp
Umgekehrt kann eine Entfristungsklage in manchen Fällen nicht sinnvoll sein, obwohl man fürchtet, durch die Befristungsabrede seinen Arbeitsplatz zum Ende der Befristung zu verlieren. Wer nicht unter den Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetztes (KSchG) fällt, weil er entweder noch in der Probezeit ist und/oder in einem Kleinbetrieb mit weniger als 10 Beschäftigten arbeitet, der muss befürchten, nach Erhebung der Kündigungsschutzklage „normal“ ordentlich gekündigt zu werden, wenn die Entfristungsklage dazu führen sollte, dass die Befristung als unwirksam angesehen wird. Denn in diesem Fall wird das Arbeitsverhältnis wieder als unbefristetes Arbeitsverhältnis behandelt, bei dem eine ordentliche Kündigung möglich ist.